Sanft ziehen oder doch tüchtig draufhauen?

Die Methoden, Asteroidenbahnen zu ändern, sind noch theoretisch. Die Atombombe ist jedenfalls dabei.

Will man Asteroidenbahnen ändern, gibt es zwei Vorfragen: Wie viel Zeit bleibt zum Impakt? Wie groß ist das Ding?

Beides bestimmt das Maß der Kraft, um Asteroiden „anzustupfen“. Es steigt massiv, je kürzer die Vorwarnzeit. Simpel gesagt: Um ein Objekt ein Jahr vor dem Impakt abzulenken, ist mindestens die 100.000-fache Kraft im Vergleich zu 10-15 Jahren zuvor nötig. Und ab gewissen Größen geht nichts mehr. Kleine (einige 100 Meter) scheinen ablenkbar; ab 1 km hat man nur mit extremer Energie bzw. langer Vorwarnzeit Chancen. Bei mehreren Kilometern hilft nur beten.

Es gibt „sanfte“ und „grobe“ Abwehrkonzepte. Zu ersteren zählen:

•„Gravitations-Traktor“: Ein tonnenschweres Raumschiff, das man neben einen Asteroiden parkt. Die Schwerkraft, die es auf ihn ausübt, ist winzig (und kleiner als die des Asteroiden). Hält der „Traktor“ aber per Düsenantrieb die Distanz von der „Last“ ein, wirkt seine Gravitation allmählich als „Schleppseil“. So soll ein 20-Tonnen-Traktor ein 200-Meter-Objekt in einem Jahr um hunderte Meter ablenken; mit den Jahren sind ein paar tausend km denkbar. Die Nasa wird gedrängt, die Methode an einem kleinen Asteroid auszuprobieren.

„Schleppkahn“: Ein Raketenmotor, der an einen Asteroid dockt und lange brennt; oder eine Grabungsmaschine, die ihn anbohrt und Aushub ins All schleudert, wodurch ein Bewegungsimpuls entsteht. Pferdefuß: Die große Menge nötigen Treibstoffs, bzw. dass man erst wissen muss, wie der Asteroid im Inneren beschaffen ist.

Laser und Spiegel: Laser könnten den Asteroiden erhitzen, ebenso Spiegel, die Sonnenlicht darauf lenken. Die Wärmestrahlung von der heißen Fläche ins All wirkt als Düse. Das Konzept nützt den nach dem russisch-polnischen Ingenieur Ivan Yarkovsky (1844-1902) genannten Effekt, wonach sich die Bahn sonnennah vorbeiziehender Asteroiden durch Erhitzung leicht ändert; die des Asteroiden „Golevka“ (500m groß) änderte sich dadurch in zwölf Jahren um 15 km.

„Holzhammermethoden“ sind:

Impaktoren: Projektile aus Metall. Die Nasa-Sonde „Deep Impact“feuerte 2005 ein 370 kg schweres Projektil auf den Komet „Tempel1“, dessen Bahn aber gleich blieb. Die ESA will in der Mission „Don Quijote“ den Impaktor „Hidalgo“ auf einen Asteroid feuern.

Atomwaffen: Die Nasa hat den Plan „Cradle“ („Wiege“): ein Schiff mit sechs Atomraketen. Sie sollen das Ziel nicht direkt treffen, man will vielmehr einen starken Yarkovsky-Effekt schaffen: Die Bomben sollen nacheinander etwas entfernt vom Ziel detonieren; das würde Teile des Asteroiden zu Plasma verdampfen, dessen Wärmestrahlung ihn anstößt. Cradle soll 500-Meter-Brocken noch zwei Jahre vor dem Impakt ablenken. Wie man hört, soll es für eine Aktion gegen Apophis ums Jahr 2021 fertig sein. Das Völkerrecht verbietet zwar den Einsatz von Atomwaffen im All; man wird sehen, ob das im Ernstfall gilt.

Übrigens: Trotz Frühwarnung sind Asteroiden manchmal plötzlich da. „2008 AF3“ (28 m) flog heuer in Monddistanz vorbei. Man hatte ihn drei Tage zuvor bemerkt. wg

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2008)

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