Fast 300 Türkinnen als Opfer von Ehrenmorden

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In den vergangenen sieben Jahren wurden in der Türkei fast 300 Frauen von ihren Verwandten getötet, weil sie angeblich die Familienehre beschmutzten. Das ergab eine Universitäts-Studie.

In der Türkei sind in den vergangenen sieben Jahren fast 300 Frauen bei so genannten Ehrenmorden von ihren Verwandten getötet worden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Inönü-Universität im osttürkischen Malatya. Bei "Ehrenmorden" werden Frauen, die angeblich das Ansehen ihrer Familie beschmutzt haben, von ihren Verwandten umgebracht. Mitunter genügt es, wenn eine Frau mit einem fremden Mann gesprochen hat. Wegen verschärfter Strafen für diese Verbrechen würden inzwischen viele Frauen von ihren Angehörigen in den Selbstmord getrieben, sagte der Leiter der Studie, Osman Celbis.

Junge Verwandte als Täter

Die Zahlen der Untersuchung basieren auf abgeschlossenen Gerichtsverfahren, wie Celbis weiter sagte. Insgesamt zählten die Forscher 344 Opfer von Morden wegen angeblich verletzter Familienehre oder anderer traditioneller Wertvorstellungen, davon waren 288 Frauen. Die Mörder der Frauen sind häufig junge männliche Verwandte, die bei einer Verurteilung mit geringeren Strafen rechnen können als volljährige Täter.

In einigen Fällen wurden sogar Opfer von Vergewaltigungen getötet, weil selbst ein gewaltsam erzwungener außerehelicher Geschlechtsverkehr als Verstoß gegen die Ehre gilt.

Trotz gesetzlicher Reformen hat es der türkische Staat bisher nicht geschafft, insbesondere im verarmten und sozial rückständigen Kurden-Gebiet des Landes die Macht der traditionellen Ehrbegriffe zu brechen. Vor zwei Jahren ergab eine Umfrage in Diyarbakir, der größten Stadt der Kurden-Region, dass 37 Prozent der Menschen dort der Meinung waren, eine Frau verdiene den Tod, wenn sie ihren Mann betrüge.

(Ag.)

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