Echte Rechte für das „Ebenbild Gottes“

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Eine ganz kurze Geschichte der Vorgeschichte der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Diese Erklärung hat einen moralischen Wert und eine Autorität, die in der Weltgeschichte ohne Beispiel sind.“ – Es war ein Abend der großen Worte, als die Menschenrechtskommission der UNO am 10. Dezember 1948 im Palais des Chaillot in Parisdie „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ beschloss: Ein Dokument, das zwar rechtlich nicht bindend ist, aber erstmals in 30 Artikeln auf internationaler Ebene ausdrückte, was sich „die Welt“ von den Staaten im Hinblick auf deren Umgang mit Bürgern erwarte: etwa, dass niemand aufgrund von Glauben oder Rasse diskriminiert werde, jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör und Gratis-Grundschulbildung habe.

Damals gab es 56 Staaten – und obwohl der Kalte Krieg ausgebrochen war und islamische Länder eigene Ideen von der Staat-Mensch-Beziehung hatten, war es gelungen, 48 Länder auf das Papier einzuschwören. Nur UdSSR sowie Weißrussland und Ukraine (beide Sowjetrepubliken hatten eigene UNO-Sitze), Polen, Jugoslawien, Saudiarabien und Südafrika enthielten sich der Stimme.

Das war vor allem Eleanor Roosevelt (1884–1962) zuzuschreiben: Die Witwe des 1945 verstorbenen US-Präsidenten hatte die Kommission zwei Jahre mit Strenge und Sensibilität gleichermaßen geführt. Wichtig war auch der Input vieler Prominenter aus unterschiedlichen Kulturkreisen, etwa von Mahatma Gandhi, Aldous Huxley, Charles Malik. So entstand ein Dokument, das die individualistischen Wertvorstellungen des Westens mit den kollektiv-sozialen Ideen des Ostens und der „Dritten Welt“ verband.

Ein Erfolg der Aufklärer

Als Auslöser der Deklaration wurden die Gräuel im Zweiten Weltkrieg genannt; tatsächlich hat die Idee der Menschenrechte, bei denen es im Grund immer um Schutz, Stellenwert und Ansprüche des Einzelnen gegenüber dem Staat geht, ältere Wurzeln: Sie gehen auf die Aufklärung zurück, als etwa Rousseau, Kant und Locke Dinge wie „natürliche Gleichheit“, „Menschenwürde“ und Recht auf Besitz, Freiheit und Leben postulierten. Im „Virginia Bill of Rights“ von 1776 schrieben die Gründerväter der USA, dass alle Menschen gleich seien und gegenüber dem Staat Anspruch auf Sicherheit, Freiheit und Erwerb hätten; in der französischen „Déclaration des droits de l'homme et du citoyen“ (1789) taucht der Begriff „Menschenrechte“ erstmals als solcher auf.

Dass das Ende der Apartheid in den USA bzw. das Frauenwahlrecht in Frankreich erst im 20. Jh. kamen, zeigt, dass die Größe von Worten nicht mit der Schnelligkeit ihrer Umsetzung korrelieren muss (und es dauerte noch viele Jahre bis zu verbindlichen Menschenrechts-Schutzsystemen). Man sieht das auch an der Debatte um angeblich christliche Wurzeln der Menschenrechte: So sollen Augustinus (354–430) und Thomas von Aquin (1225–1274) solche Ideen postuliert haben. Dass die Kirchenväter den Menschen als vernunftbeseeltes Ebenbild Gottes sahen, beeindruckte die Mächtigen der Realpolitik über Jahrhunderte auch nur sehr wenig. wg

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2008)

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