Slowenien: Massengrab in Bergwerk entdeckt

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Bei den mumifizierten Leichen handelt es sich um Opfer der Tito-Partisanen. Die beiden Schächte, in denen die Leichen versteckt wurden, waren durch insgesamt sechs Sperren abgeriegelt.

LA?KO/WIEN (ag, zoe). Die Schächte waren im Inneren des Bergwerks gut versteckt. Mehrere Sperren erschwerten den Zugang. Eine Betonmauer sollte Eindringlinge abhalten. Was slowenische Ermittler und Forscher hinter den Barrieren entdeckten, werden sie nie vergessen: Hunderte von mumifizierten Leichen befanden sich im Bergwerk im Kurort Lasko. Bei den Toten dürfte es sich um Opfer der kommunistischen Tito-Partisanen handeln, die unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Hunderttausende ermordeten.

„Der Anblick war so erschütternd, dass es kaum zu beschreiben ist“, sagte Polizeiermittler Peter Jamnik im slowenischen Fernsehen. Seit Juni vergangenen Jahres arbeiteten sich die Ermittler im Bergwerk „Hudna Jama“ („Schlimme Grube“) zu den Gräbern vor. Die beiden Schächte, in denen die Leichen versteckt wurden, waren durch insgesamt sechs Sperren abgeriegelt. Zuerst musste eine Betonwand durchbrochen werden, dann folgten Sperren aus Geröll und Lehm, zuletzt ein Holzverschlag.

Mit mehreren hundert Opfern dürfte es sich um eines der größten in Slowenien entdeckten Massengräber handeln, sagte der Leiter der slowenischen Regierungskommission für versteckte Gräber, Joze Dezman. Auffallend sei auch die große Mühe, die sich die Täter gemacht hätten, um die Gräuel vor der Nachwelt zu verbergen.

Die hermetische Abriegelung der beiden Schächte dürfte laut Ermittler Jamnik einer der Gründe dafür sein, warum die meisten Leichen in mumifiziertem Zustand gefunden wurden.

Kein Zweifel besteht für die Ermittler, dass es sich um Opfer kommunistischer Massentötungen handelt. Die Erschießungen seien Ende Mai oder Anfang Juni 1945 erfolgt, sagte der Historiker Mitja Ferenc, Mitglied der slowenischen Gräber-Kommission. Im Dunkeln tappe man aber, was die genaue Herkunft der Opfer und die Täter betreffe.

Bisher gibt es nur den Bericht eines Augenzeugen, der von den Vorkommnissen im Bergwerk wusste. Ein Mann erzählte, er sei der Fahrer gewesen und habe Gefangene zur „Schlimmen Grube“ in La?ko gebracht. Laut dem Fahrer handelt es sich bei den Opfern um Slowenen. Allerdings könnten die Toten auch kroatische Kriegsgegner der Partisanen gewesen sein, glauben Historiker.

Experten vermuten insgesamt 600 Massengräber in Slowenien, von denen auch knapp zwei Jahrzehnte nach dem Ende des kommunistischen Regimes längst nicht alle freigelegt sind. Die Regierungskommission für versteckte Gräber kümmert sich um die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der slowenischen Geschichte.

Bis zu 300.000 Menschen sollen nach Ende des Zweiten Weltkriegs von den Tito-Partisanen exekutiert und verscharrt worden sein. Innerhalb weniger Wochen töteten die Partisanen im Schnellverfahren Nazi-Kollaborateure, Anhänger des faschistischen kroatischen Ustascha-Regimes und auch ideologische Gegner.

Tote im Panzergraben

Erst vor zwei Jahren war in der Nähe von Marburg ein riesiges Massengrab entdeckt worden. Damals wurden auf einer Länge von 70 Metern in einem früheren Panzerabwehrgraben die Überreste von insgesamt 1179 Menschen gefunden. Seither untersuchen Mitglieder der Kommission die Fundstelle. Sie gehen von insgesamt 15.000 Toten aus, die dort verscharrt wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2009)

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