Helmut Schmidt beichtet Affäre

Verleihung des Stresemann Preises am 26 01 2015 im Logenhaus in Hamburg Der Bundeskanzler a D Helmu
Verleihung des Stresemann Preises am 26 01 2015 im Logenhaus in Hamburg Der Bundeskanzler a D Helmu(c) imago/Revierfoto (imago stock&people)
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In seinem neuen Buch, „Was ich noch sagen wollte“, bekennt der 96-jährige Altkanzler sich zu einer langjährigen Beziehung zu einer SPD-Parteifreundin.

Wien/Hamburg. Nach dem Tod des Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker ist Helmut Schmidt der unangefochtene Methusalem der deutschen Politik, als Elder Statesman trotz Verteidigungsreden für China und Wladimir Putin überaus populär und verehrt als Kultfigur mit Faible für Mentholzigaretten. Im Alter von 96 Jahren macht der Protestant in nüchtern-hanseatischer Manier nun auch privat Tabula rasa. In seinem Buch „Was ich noch sagen wollte“ bekennt er sich zu einer langjährigen Affäre mit einer SPD-Parteifreundin zu Beginn der 1970er-Jahre, während der sozial-liberalen Koalition. Ihren Namen verschweigt der Gentleman.

Ganz neu ist die Geschichte indes nicht. Vor Jahren deutete Schmidt in einer Talkshow an, nicht immer ein treuer Ehemann gewesen zu sein. Seine 68-jährige Ehe mit seiner Frau, Loki, die auf eine Freundschaft zu Schulzeiten zurückgeht, galt als Musterehe, und die beiden schienen – politisierend und zigarettenpaffend bis zum letzten Zug – unzertrennlich wie Philemon und Baucis, das legendäre Paar aus der griechischen Mythologie. Seit dem Tod seines „Lebensmenschen“, Loki, 2010 sorgt seine langjährige Sekretärin nun auch als Lebensgefährtin für den Altkanzler. Inzwischen sitzt der 96-Jährige im Rollstuhl, erteilt als Herausgeber der „Zeit“ in einer Kolumne weiterhin Ratschläge aller Art und äußert sich zu aktuellen weltpolitischen Fragen.

Loki, so schreibt Schmidt in seinen neuen Memoiren, habe ihm sogar die Trennung angeboten – ein Vorschlag freilich, den er „ganz und gar abwegig“ gefunden habe. In einem Interview erinnerte sie sich nur an einen einzigen Streit mit ihrem Mann, als sie einen Waschlappen nach ihm geworfen hatte. Sonst sagte sie ganz pragmatisch: „Warum Zeit verschwenden für einen Neuen, mit dem es bestenfalls wieder das Gleiche wird?“

Klaus Harpprecht, Redenschreiber des Ex-Kanzlers Willy Brandt, hatte im Vorjahr Gerüchte gestreut, dass Schmidt eine langjährige Affäre unterhalten habe, die er erst zu Beginn seiner Kanzlerära beendet hat, weil sie ihm nicht mehr als opportun erschien. Die Geliebte sei daran fast zerbrochen. Schmidt hat den Kontakt zu ihr indessen aufrechterhalten, und er erschien auch zu deren Begräbnis vor zwei Jahren.

Die „Beichte“ kratzt ein wenig am Image Helmut Schmidts als grundsoliden Sozialdemokraten vom Scheitel bis zur Sohle. Als Finanzminister und späterer Kanzler hielt er stets die deutschen Sekundärtugenden hoch und mäkelte an Brandt herum, dem Filou und notorischen Ehebrecher. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2015)

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