Die vergebliche Suche nach dem Flug MH370

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Vor einem Jahr verschwand eine Boeing der Malaysia Airlines auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking vom Radar. Bis heute fehlt jede Spur von der Maschine.

„Alles klar, gute Nacht“. Das waren die letzten Worte von Kapitän Zaharie Ahmad Shah. Der 53-Jährige klang ruhig. Drei Minuten später, um 1.22 Uhr Ortszeit verschwand die Boeing 777-200 mit der Flugnummer MH370 am 8.März des Vorjahres von den Radarbildschirmen. An Bord waren zwölf Besatzungsmitglieder und 227 Passagiere aus 14 Ländern, 153 stammten aus China. Sie wollten von Kuala Lumpur nach Peking fliegen. Sie kamen nie an.
Ein Jahr ist seither vergangen. Und von der Maschine fehlt immer noch jede Spur. Kein Trümmerteil, keine Ölspur, gar nichts.

1 Wo wird derzeit nach den Überresten des Flugs MH370 gesucht?

Die Maschine flog nach dem letzten Kontakt höchstens noch rund sieben Stunden Richtung Süden, so lange hätte der Treibstoff greicht. Nach der Auswertung von Satellitendaten liegt die Absturzstelle etwa 2000 Kilometer westlich der australischen Stadt Perth im Indischen Ozean. Das Suchgebiet umfasst eine Meeresoberfläche von etwa 60.000 Quadratkilometern, das Wasser ist bis zu 6000 Meter tief. Seit Monaten sind ferngesteuerten Unterwasservehikel und mehrere im Einsatz. Dutzende Millionen Euro wurden bereits ausgegeben.

2 Wie lange wollen Australien, China und Malaysia die Suche noch fortsetzen?

24.000 Quadratkilometer Meeresboden sind dabei bereits abgesucht worden. „Das sind 40 Prozent des als Priorität ausgewiesenen Suchgebiets“, teilte die Koordinationsstelle mit. Die Suche im gesamten Gebiet dürfte nach ihren Berechnungen im Mai abgeschlossen sein. Wenn bis dahin keine Wrackteile gefunden werden, wollen die Regierungen von Australien, Malaysia und China über ein Ende der Suche entscheiden. Auch ein vorzeitiges Ende der Aktion scheint nicht ganz vom Tisch. „Wir können natürlich nicht für immer weitersuchen“, sagte der Verkehrsminister und Vize-Ministerpräsident Australiens, Warren Truss.

3 Welche Theorien gibt es zum verschwinden des malaysischen Passagierflugzeugs?

Ein vom Cockpit eingeleiteter Richtungswechsel noch vor dem letzten Funkkontakt nährt die Spekulationen, darunter auch viele Verschwörungstheorien. Der britische Autor Nigel Cawthorne etwa behauptete, die Maschine könnte aus Versehen abgeschossen worden sein. Bei einer damals stattfindenden thailändisch-amerikanischen Militärübung im Südchinesischen Meer sei scharfe Munition verwendet worden. Die Geschichte vom stundenlangen Flug in Richtung Süden sei erfunden worden, um sicherzustellen, dass das Wrack an falscher Stelle gesucht und nie gefunden wird.

Erst dachte man an einen Terroranschlag. „Diese Bewegungen deuten auf absichtliches Eingreifen durch jemanden an Bord hin“, sagte der malaysische Premier. Die Ermittler haben alle Passagiere und Besatzungsmitglieder unter die Lupe genommen. Niemand hatte Terror-Sympathien oder -Verbindungen, auch die beiden Iraner nicht, die mit gefälschten europäischen Pässen an Bord waren. Keine Terrororganisation hat sich je zu einem Anschlag bekannt.

Manche glauben, im Flugzeug könnte Feuer ausgebrochen sein. An Bord war zwar eine Ladung mit gut 200 Kilogramm hoch brennbaren Batterien. Ein Feuer hätte womöglich die beiden Kommunikationssysteme zerstören können - aber die Piloten hätten zuvor im Cockpit Alarm gehört und über Funk eine Notsituation gemeldet, sagen Piloten. Hätten toxische Dämpfe oder ein Druckabfall Passagiere und Crew bewusstlos gemacht, hätte die Maschine nach dem letzten Radarkontakt nicht zwei abrupte Kursänderungen nehmen können.

Dass der Pilot selbst die Maschine ins Verderben gelenkt hat, halten mehrere erfahrene Unfallermittler für die wahrscheinlichste Variante. Sie äußerten sich in einer Dokumentation des Senders „National Geographic“: Der Pilot dirigiert den Co-Piloten unter einem Vorwand aus dem Cockpit, nimmt eine Sauerstoffmaske, löst in der Kabine einen Druckabfall aus, der alle ins Koma versetzt und fliegt Richtung Süden, bis die Maschine mit leeren Tanks abstürzt. Warum würde aber jemand auf Suizid-Mission die Maschine so lange fliegen lassen?

4 Was hat die Luftfahrtbranche aus der Katastrophe gelernt?

Generaldirektor des Luftfahrtverbands Asien-Pazifik AAPA, Andrew Herdman, regte eine lückenlose Ortung über den Weltmeeren an. Dafür seien jedoch Dutzende weitere Satelliten notwendig. Die Zivilluftfahrtorganisation ICAO empfahl Anfang Februar, dass Piloten sich bei Ozeanüberflügen künftig statt stündlich viertelstündlich melden. Diese Meldungen erfolgen bis heute über altmodischen Funkkontakt. Neben einer häufigeren Ortung sollen die Aufzeichnungsgeräte der Flug- und Cockpitdaten (Blackbox) und die dazugehörigen Notsignalsender zum Auffinden von verunglückten Maschinen verbessert werden, fordert Herdman.

Die Batterien der Notsignalsender sollen künftig länger als für 30 Tage Energie haben – etwa für drei Monate. Die Stimm-Aufzeichnungsgeräte für die Cockpit-Gespräche sollen statt zwei mehr Stunden aufzeichnen, und die technischen Daten aus dem Flugdatenschreiber sollen möglichst schon während des Flugs an eine Bodenstation übermittelt werden. Im Gespräch sind auch Black Boxes, die sich im Fall einer Katastrophe vom Flugzeug lösen und an die Wasseroberfläche treiben, statt im Wrack unterzugehen. Doch auch das könnte Folgepobleme auslösen. Wenn sich eine Blackbox versehentlich löst, könnte dies einen Unfall auslösen. Hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.03.2015)

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