Der Tod stand nicht im Drehbuch: TV-Show-Helden verunglückt

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In Argentinien kollidierten zwei Hubschrauber mit Protagonisten der französischen Show "Dropped". Die zehn Insassen starben, darunter Spitzensportler.

Buenos Aires/La Rioja. Die nordwestargentinische Provinz La Rioja gehört zu den abgelegensten Gegenden des Landes, eine Wüstenei am Andenabhang, wo Oliven gedeihen, Wein und vor allem viel Vetternwirtschaft. La Rioja ist die Heimat des bis in alle Ewigkeiten korruptionsumwölkten Ex-Präsidenten Carlos Menem (1989–1999), der sich einst nicht nur einen Ferrari schenken, sondern auch noch eine ganze Autobahn sperren ließ, um das Spielzeug auszuprobieren.

La Rioja war vor einiger Zeit Ziel eines 30-köpfigen Trupps aus Frankreich, der hier, in der menschenleeren Bergwelt, den idealen Schauplatz für ein TV-Spektakel entdeckt hatte: „Dropped“ ist die linksrheinische Variante des RTL-Dschungelcamps, athletische Halbhelden und Promis ausgesetzt in der Wildnis, wo sie sich ihrer mit Überlebenstechniken erwehren sollen. Der Tod stand nicht im Drehbuch, aber er kam jäh, am Montag, 17.15 Uhr.

Und, im Zeitalter der Smartphones unausweichlich: Es gibt alles auf Film. Am Dienstag zitterte ein Video durchs Netz, das die Katastrophe am Wüstenhimmel abbildet: Ein Hubschrauber steigt auf, und dessen Pilot bemerkt offenbar nicht, dass rechts über ihm ein zweiter schwebt. Es kommt zur Kollision und dann, hundert Meter tiefer, zur Katastrophe. Zehn Menschen sterben, acht Franzosen und zwei argentinische Piloten.

16 Stunden vergehen, ehe die ersten Leichen geborgen werden, ihre Körper schwerst verkohlt, beide Eurocopter hatten offenbar volle Tanks. Unter den Toten sind mehrere bekannte französische Sportler, etwa Camille Muffat (25), Schwimm-Olympia-Siegerin in 400 Meter Freistil in London 2012, Alexis Vastine, der 2008 in Peking Bronze erboxte und die 57-jährige Florence Arthaud, die mehrfach die Meere solo durchsegelte.

Behörden in Bedrängnis

Aus dem schockierten Frankreich machte sich eine Expertenkommission auf, um den Experten von La Rioja zu helfen und eventuell auf die Finger zu schauen. Tatsächlich gerieten die Behörden dort schnell in Erklärungsnot, denn beide verunglückten Fluggeräte gehören der öffentlichen Hand und wurden mit Steuermitteln angeschafft, um die Regierenden schnell zur Ausübung ihrer Aufgaben zu fliegen. Und sie sollen, das war die übliche Argumentation für solch teure Investitionen, auch Leben der Bevölkerung retten helfen. Die Beförderung ausländischer TV-Trupps gehörte bisher nicht zu den Kernaufgaben der aus öffentlichen Kassen entlohnten Piloten.

La Riojas Gouverneur, Beder Herrera, erklärte, er habe den Hubschrauber an die Franzosen verliehen, weil deren Programm eine außergewöhnliche Werbung für die Provinz darstelle. Das habe man auch bei der Rallye Dakar so gehandhabt, deren Weg bereits mehrfach durch La Rioja führte. Über allfällige Zahlungen wurde nichts berichtet, auch nicht aus der bettelarmen Nachbarprovinz Santiago del Estero, deren Gouverneurin den anderen Helikopter bereitstellte, allerdings ohne dass ihre flache Landschaft im TV-Spektakel gezeigt wurde. Sicher ist: Beide Helis waren erst wenige Jahre alt und wurden von erfahrenen Piloten geflogen; der aus La Rioja war bereits im Falklandkrieg 1982 im Einsatz. (a. f.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2015)

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