Zweite Blackbox bestätigt: Sinkflug beabsichtigt

Der zweite Flugschreiber wurde am Donnerstag unter Geröll an der Absturzstelle entdeckt.
Der zweite Flugschreiber wurde am Donnerstag unter Geröll an der Absturzstelle entdeckt.(c) REUTERS (JEAN-PAUL PELISSIER)
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Das teilen Ermittler mit, die die gefundene Blackbox untersucht hatten. Der zweite Flugschreiber wurde am Donnerstag an der Absturzstelle geborgen.

Eine erste Auswertung des zweiten Flugschreibers hat bestätigt, dass der Copilot das Germanwings-Flugzeug, das am 24. März in den französischen Alpen abstürzte, bewusst in den Sinkflug brachte. Dies teilte die französische Untersuchungsbehörde Bea am Freitag mit. Der zweite Flugschreiber war am Donnerstagnachmittag an der Absturzstelle von Flug 4U9525 gefunden worden - er war von Geröll verschüttet. Inzwischen gibt es immer mehr Belege für eine Suizid-These.

Der Autopilot sei von dem Anwesenden im Cockpit so eingestellt worden, dass die Maschine auf 100 Fuß sinkt, teilte die französische Untersuchungsbehörde Bea weiter mit. Während des Sinkflugs sei zudem mehrfach die Geschwindigkeit der Airbus-Maschine mit insgesamt 150 Menschen an Bord erhöht worden.

Eine Auswertung des schon am Tag des Absturzes in den Alpen gefundenen Stimmrekorders hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft von Marseille bereits ergeben, dass Copilot Andreas L. zum Zeitpunkt des Absturzes am 24. März allein im Cockpit war.

Im Wortlaut

Die Erklärung der Untersuchungsbehörde

"Der Flugdatenschreiber (FDR, Flight Data Recorder) ist am gestrigen Abend in die Räumlichkeiten der Bea gebracht worden. Die Teams der Bea haben gleich nach der Ankunft mit den Arbeiten zur Öffnung begonnen.

Eine erste Auswertung zeigt, dass der im Cockpit anwesende Pilot den Autopiloten genutzt hat, um das Flugzeug in einen Sinkflug auf eine Höhe von 100 Fuß zu bringen, dann hat der Pilot während des Sinkflugs mehrfach die Einstellungen des Autopiloten geändert, um die Geschwindigkeit des sinkenden Flugzeugs zu erhöhen.

Die Arbeiten werden fortgesetzt, um den präzisen faktischen Ablauf des Flugs festzustellen."

Online-Recherche zu Suizid

Nach Erkenntnissen der Ermittler in Düsseldorf suchte der Copilot im Internet nach Suizid-Möglichkeiten und Infos über die Sicherheit von Cockpittüren. Das ergab die Auswertung eines Computers, der in der Düsseldorfer Wohnung des Copiloten gefunden wurde. Damit finden sich immer mehr Belege, dass der 27-Jährige den Todesflug länger geplant haben könnte und das Flugzeug der Lufthansa-Tochter Germanwings mit 150 Menschen an Bord womöglich gezielt in ein Bergmassiv der Alpen steuerte.

Andreas L. wird verdächtigt, den Piloten des Fluges 4U9525 aus dem Cockpit ausgesperrt und die Maschine am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich in die Katastrophe geführt zu haben. 150 Menschen starben.

Copilot unterbrach Ausbildung wegen Depression

Bereits seit kurz nach dem Absturz war bekannt, dass L. die Ausbildung in der Verkehrsfliegerschule der Lufthansa mehrere Monate unterbrach. Lufthansa hatte mitgeteilt, der Copolit habe die Schule 2009 in einer E-Mail über eine "abgeklungene schwere depressive Episode" informiert. Er wurde danach als flugtauglich eingeschätzt.

Am Donnerstag sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde in Düsseldorf, der Nutzer des Tablets habe sich "zum einen mit medizinischen Behandlungsmethoden befasst, zum anderen über Arten und Umsetzungsmöglichkeiten einer Selbsttötung informiert". An mindestens einem Tag habe er sich auch über mehrere Minuten mit Suchbegriffen über Cockpittüren und deren Sicherheitsvorkehrungen auseinandergesetzt. Welche Begriffe genau in Suchmaschinen eingegeben wurden, behielt die Behörde für sich. Weitere Ermittlungsergebnisse seien in den nächsten Tagen nicht zu erwarten, hieß es.

Bei der Identifizierung der Opfer werden den französischen Ermittlern zufolge die gefundenen DNA-Profile mit Proben von Angehörigen abgeglichen. Die Arbeit soll Anfang kommender Woche losgehen. Die Angehörigen sollen bei einer Übereinstimmung rasch Bescheid bekommen.

Expertengruppe berät über Konsequenzen

Nach Ostern soll auch eine neue Arbeitsgruppe starten, in der Fachleute der deutschen Luftfahrtbranche über Lehren aus dem Absturz beraten. Die Gruppe soll etwa auch über mögliche Veränderungen der Regeln zur festen Verriegelung der Cockpittüren beraten. Geprüft werden sollen auch weitere medizinische und psychologische Checks, mit denen die Flugtauglichkeit von Piloten festgestellt wird.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere schlug die Einführung einer Ausweispflicht an Flughäfen vor. Die Airlines sollten auch bei Flügen im Schengen-Raum die Identität ihrer Passagiere überprüfen, sagte der Minister in Dresden. Sonst bleibe unter Umständen unklar, wer tatsächlich im Flugzeug sitze.

Nach dem Absturz ist dem ARD-"Deutschlandtrend" zufolge nur eine Minderheit der Flugpassagiere in Deutschland sorgenvoller. 81 Prozent der Flugreisenden machen sich demnach beim Fliegen keine größeren Sorgen, 17 Prozent machen sich mehr Sorgen, wie die repräsentative Umfrage unter Menschen über 18 Jahren ergab.

Was Flugschreiber speichern

Flugschreiber - auch Blackboxes genannt - liefern den Ermittlern wichtige Informationen zur Aufklärung von Flugunfällen. Sie bestehen aus zwei Teilen: dem Datenrekorder (Flight Data Recorder) und dem Stimmenrekorder (Cockpit Voice Recorder). Häufig ist die Blackbox in der Signalfarbe Orange gehalten. Das Gehäuse übersteht Abstürze aus großer Höhe und ist absolut wasserdicht.

Der Datenrekorder zeichnet auf allen Flügen etwa Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel der Maschine auf. Er speichert GPS-Daten und gibt so Auskunft über den genauen Ort eines Unglücks - auch wenn die Trümmer später weit verstreut sind.

Auf dem Stimmenrekorder sind Tonaufnahmen der Gespräche von Pilot und Co-Pilot sowie weitere Geräusche im Cockpit gespeichert.

(APA/dpa)

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