Dem Attentäter von Boston droht die Todesstrafe. Die Verteidigung räumte seine Beteiligung an dem Anschlag zwar ein, wolle eine Hinrichtung jedoch vermeiden.
Nach 30 Verhandlungstagen geht der Prozess um den mutmaßlichen Attentäter des Anschlags auf den Boston-Marathon 2013 zu Ende. Der 21-jährige Dzhokhar Tsarnaev wurde vier Tage nach dem Anschlag schwer verletzt festgenommen, sein Bruder und Mittäter kam bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei ums Leben. Im Prozess um Tsarnaev hat die Verteidigung am Montag in ihrem Schlussplädoyer die Beteiligung des 21-Jährigen eingeräumt. Sie versucht jedoch, die Todesstrafe zu vermeiden. Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagte zuvor als islamistischen Terroristen dargestellt.
Dieser hatte formal auf nicht schuldig plädiert, seine Anwältin Judy Clarke erklärte aber: "Lasst uns ehrlich damit umgehen, was die Beweise tatsächlich zeigen". Tsarnaev sei ein Heranwachsender gewesen, der von der "Leidenschaft und den Einstellungen" seines älteren Bruders, Tamerlan Tsarnaev, mitgerissen worden sei: "Es war Tamerlan, der sich radikalisiert hat. Es war Dzhokhar, der ihm folgte. Wir bitten nicht darum, das Verhalten zu entschuldigen. Aber lasst uns die unterschiedlichen Rollen anschauen", sagte die Anwältin den Geschworenen.
"Boston-Bomber" verfolgt Prozess regungslos
Während der rund einmonatigen Verhandlung hatte Clarke nur vier Zeugen aufgerufen, während aufseiten der Staatsanwaltschaft 92 Zeugen aussagten. Tsarnaev hatte die Ausführungen der Staatsanwaltschaft weitgehend regungslos verfolgt. Die Strategie der renommierten Strafverteidigerin zielt offenbar ganz darauf ab, die drohende Todesstrafe für Tsarnaev zu verhindern.
Clarke hatte bereits mehreren prominenten Angeklagten wie dem als "Unabomber" bekannt gewordenen Ted Kaczynski und dem Mitverschwörer der Anschläge vom 11. September 2001, Zacarias Moussaoui, die Todesstrafe ersparen können.
Richter George O'Toole verlas am Montag die Anweisungen für die Geschworenen, die anschließend hinter verschlossenen Türen ein Urteil fällen. Ein Schuldspruch gilt als sehr wahrscheinlich. Über das Strafmaß befinden die Geschworenen aber erst in einem zweiten Prozessabschnitt nach einer Verurteilung. Auf 17 der insgesamt 30 Punkte, in denen Tsarnaev angeklagt ist, steht die Todesstrafe.
Bei dem Flüchtigen handelte es sich um den 19-jährigen Dzohar Tsarnaev bzw. "den Verdächtigen Nummer zwei, einen Mann mit braun-gelocktem Haar und einer weißen Baseball-Kappe". (c) REUTERS (HANDOUT)
Polizeichef Edward Davis bestätigte via Twitter und gegenüber "CNN": "Ein Verdächtiger tot. Einer auf der Flucht. Bewaffnet und gefährlich." (c) EPA (MATT CAMPBELL)
Das FBI rief die Bevölkerung in Watertown, einer Stadt rund 15 Autominuten von Boston entfernt, und Umgebung daher dazu auf, in ihren Häusern zu bleiben und die Türen nicht zu öffnen.Zudem legte sie aufgrund der Fahndung den öffentlichen Nahverkehr der US-Ostküstenmetropole Boston lahm. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Beamte der Bundespolizei gingen "von Tür zu Tür", um Informationen einzuholen. Ansonsten sollte niemandem aufgemacht werden. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Dann die entscheidende Wende: Am frühen Abend bekamen die Behörden einen Hinweis eines Hausbesitzers. Er inspizierte laut Polizeiangaben am Abend nach Aufhebung einer Ausgangssperre, die im Zuge der Fahndung verhängt worden war, sein Motorboot, das auf seinem Grundstück abgestellt war. Der Mann sah den Angaben zufolge Blutspuren auf der Abdeckplane, hob diese hoch und entdeckte darunter einen blutbedeckten Körper. Er habe dann den Polizeinotruf gewählt. Reuters
Die Polizei hat zunächst einen Hubschrauber mit einer Vorrichtung zum Aufspüren von Hitzeausstrahlung eingesetzt und dadurch festgestellt, dass es sich bei der Person im Boot um einen lebendigen Menschen handelt. Danach sind dann Spezialeinsatzkräfte an den Ort geschickt worden. Sie hatten versucht, den Verdächtigen anzusprechen, aber er hat nicht reagiert. Wie Zarnajew dann in Gewahrsam genommen wurde, war zunächst unklar. Der 19-jährige wurde mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht. Reuters
Der Hintergrund: Bei dem Anschlag im Zielbereich des traditionsreichen Marathonlaufs in Boston waren am Montag zwei Bomben explodiert. Drei Menschen - ein achtjähriger Bub, eine 29 Jahre alte Amerikanerin und eine Studentin aus China - wurden getötet und etwa 180 weitere Personen verletzt. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Auf Videos und Bildern konnten die FBI-Beamten in den folgenden Tagen die beiden Männer ausmachen. Einer von ihnen trug einen schwarzen Rucksack - die Polizei hatte zuvor bekannt gegeben, dass am Tatort schwarzes Nylon gefunden wurde und die beiden Bomben daher möglicherweise in schwarzen Rucksäcken oder Taschen transportiert wurden. (c) REUTERS (HANDOUT)
FBI nimmt ''Verdächtigen Nummer 2'' fest
Spekakuläre Verfolgungsjagd
Der Bombenanschlag beim Boston-Marathon am 15. April 2013, durch den drei Menschen getötet und mehr als 260 Menschen verletzt wurden, lösten eine Großfahndung aus, die selbst für US-Verhältnisse atemberaubend war. Videoaufnahmen vom Tatort führten auf die Spur der beiden Brüder. Die tagelange Suche eskalierte zu einer wilden Verfolgungsjagd, in deren Zuge die beiden Brüder zeitweise einen Autofahrer kidnappten.
Auf seiner Flucht soll das Bruderpaar zudem einen Polizisten erschossen haben. Die Brüder stammen aus einer tschetschenischen Familie und waren als Kinder in die Vereinigten Staaten eingewandert. Die Jagd führte durch mehrere feine Vororte, zeitweise rief die Polizei rund eine Million Menschen auf, nicht auf die Straße zu gehen. Die ganze Stadt war gelähmt.
Das Netz um den 19-jährige Dschochar Zarnajew wurde unterdessen immer enger. Nach dem Tod des Polizisten und seines älteren Bruders flüchtete sich er sich in den Vorort Watertown. Das Ende hatte bizarre Züge: Zuletzt versteckte sich der Flüchtende in einem Boot, das in einem Garten eines Hauses auf dem Trockenen lag. Spezialeinheiten rückten samt Panzerwagen vor. Nachdem der junge Mann geschnappt wurde, gingen Hunderte Einwohner in Watertown auf die Straße, jubelten und riefen "USA, USA".
Die 118. Auflage des ältesten Städtemarathons der Welt in Boston stand 2014 ganz im Zeichen der Bombenanschläge des Vorjahres. (c) APA/EPA/CJ GUNTHER (CJ GUNTHER)
Bei den Explosionen auf der Ziellinie waren damals drei Menschen ums Leben gekommen, weitere 264 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Entsprechend groß waren die Sicherheitsvorkehrungen in diesem Jahr. (c) APA/EPA/HERB SWANSON (HERB SWANSON)
Vor dem Start gedachten die 35.755 Teilnehmer aus 96 Ländern und tausenden Zuschauern mit einer Schweigeminute der Opfer. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Die Ergriffenheit war sichtbar... (c) APA/EPA/CJ GUNTHER (CJ GUNTHER)
Der Zuschaueransturm war enorm. (c) REUTERS (DOMINICK REUTER)
Auch Überlebende der Anschläge wie hier Celeste Corcoran... (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
...oder Patrick Downes und Jessica Kensky nahmen am Lauf teil... (c) REUTERS (GRETCHEN ERTL)
...und wurden frenetisch angefeuert. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Viele Teilnehmer gingen im Gedenken an die Opfer an den Start und einige bis über ihre Grenzen hinaus. (c) REUTERS (DOMINICK REUTER)
Für den sentimentalen Höhepunkt sorgte dann Mebrahtom Keflezighi, der als erster US-Amerikaner seit 31 Jahren triumphierte. (c) REUTERS (GRETCHEN ERTL)
"Ein phänomenaler Sieg. Es ging nicht um mich, sondern um die Leute hier. Ich habe alles für sie gegeben und sie haben mich auf den letzten Kilometern unglaublich unterstützt", sagte Keflezighi im Ziel sichtlich ergriffen. (c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
Nicht minder berührt war Rita Jeptoo. (c) REUTERS (GRETCHEN ERTL)
Die Kenianerin hatte im Vorjahr gewonnen, ehe anschließend die Bomben hochgingen. (c) REUTERS (GRETCHEN ERTL)
Dzhokhar Tsarnaev und sein bei der anschließenden Fahndung getöteter Bruder werden für den Anschlag auf den Boston-Marathon 2013 verantwortlich gemacht.
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