Flugzeug mit 224 Menschen abgestürzt: "Keine Überlebenden"

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Die russische Maschine war vom Badeort Scharm el Scheich nach
St. Petersburg unterwegs. Ein IS-Ableger bekannte sich zwar zu der Tat. Die Behörden gehen aber von einem technischen Defekt als Absturzursache aus.

Nach dem Absturz eines russischen Flugzeugs am Samstagvormittag ist es nun traurige Gewissheit: Alle 224 Menschen an Bord sind bei dem Unglück auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel ums Leben gekommen. Das teilte ein ägyptischer Behördenvertreter mit.

Die Ermittler gehen von einem technischen Defekt aus. Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) am Samstag aus Sicherheitskreisen erfuhr, wird ein Terrorangriff ausgeschlossen.

Der ägyptische Ableger der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) behaupete dagegen via Twitter, seine Kämpfer hätten die Maschine zum Absturz gebracht. Die "Soldaten des Kalifats haben es geschafft, ein russisches Flugzeug in der Provinz Sinai" abzuschießen. Die mehr als 220 "Kreuzzügler" an Bord der Maschine seien getötet worden. Der Abschuss sei eine Racheaktion für die russische Intervention in Syrien.

Es könnte sich dabei freilich um Propaganda handeln. Moskau sei in engem Kontakt mit den "ägyptischen Kollegen und den Luftfahrtbehörden dieses Landes", sagte der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow. Diese verfügten derzeit über "keinerlei Information", die "solche Andeutungen" bestätigten.

"Der Unfall war das Ergebnis eines technischen Problems", sagte schon zuvor ein Behördenmitarbeiter der dpa. Ein Flugschreiber sei bereits gefunden worden. Und die IS-Kämpfer in dem Gebiet sollen zwar über tragbare Boden-Luft-Raketen verfügen, sogenannte SA-18 Manpads, deren Reichweite aber nicht bis zu jener Flughöhe reicht, auf der die Passagiermaschine vom Radar verschwunden ist.

Moskau sei in engem Kontakt mit den "ägyptischen Kollegen und den Luftfahrtbehörden dieses Landes", sagte der russische Verkehrsminister Maxim Sokolow. Diese verfügten derzeit über "keinerlei Information", die "solche Andeutungen" bestätigten.

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Schon Minuten nach dem Start im Ferienort Scharm el Scheich am Roten Meer sei der Kontakt zu dem Airbus abgerissen, teilte das ägyptische Luftfahrtministerium am Samstag mit. An Bord der Maschine waren 224 Menschen, darunter 214 russische und drei ukrainische Passagiere sowie die siebenköpfige Crew. 17 Kinder zwischen zwei und 17 Jahre alt starben sowie 138 Frauen.

"Rettungskräfte haben Trümmerteile des Airbus 321 gefunden", sagte der Chef der ägyptischen Flugunfallbehörde, Ajman al-Mokdam. Der Fundort liege nahe des Al-Arisch-Flughafens im äußersten Norden des Sinai am Mittelmeer. 

45 Krankenwagen wurden zum Absturzort geschickt, um Tote zu bergen und mögliche Verletzte zu retten, berichtete "NTV". Ministerpräsident Ismail berief nach Angaben seines Büros ein Dringlichkeitstreffen mit den zuständigen Ministern und Behördenvertretern ein.

A321

Das Kurz- und Mittelstreckenflugzeug A321 des europäischen Flugzeugbauers Airbus ist die größere Ausführung des Passagierjets A320. Die Versionen unterscheiden sich vor allem in ihrer Länge und damit im Platzangebot. Im 44,51 Meter langen A321 können bis zu 220 Fluggäste befördert werden.

Die Reichweite des seit 1993 fliegenden Jets wird mit 7400 Kilometern angegeben. Damit sind auch Transatlantikflüge möglich. Nach Angaben von Airbus wurden bis September 2015 mehr als 1.150 Maschinen des Typs A321 ausgeliefert.

Letzter Zwischenfall 2011

Die Russische Luftfahrtbehörde teilte mit, das Flugzeug sei nach dem Start "vom Radar verschwunden". Ihren Angaben zufolge war die Maschine vom Typ A-321 unterwegs vom Scharm el Scheich nach St. Petersburg, durchgeführt wurde der Flug von Metrojet. Dort wurde sie korrigierten Angaben zufolge um 10.20 Uhr MEZ (12.20 Uhr Ortszeit) erwartet.

Russlands Präsident Wladimir Putin wies das Katastrophenschutzministerium in Moskau an, auch eigene Rettungskräfte zum Absturzort zu schicken. Laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen sollten auch Katastrophenschutzminister Wladimir Puschkow, Verkehrsminister Maxim Sokolow und der Chef der Luftverkehrsbehörde, Alexander Neradko, auf den Sinai reisen.

Das Flugzeug habe der sibirischen Gesellschaft Kolavia mit Sitz in Tjumen (Sibirien) gehört, sagte ein Sprecher der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Es war russischen Medienberichten zufolge gut 18 Jahre alt und gehörte der Gesellschaft seit März 2012. Die Fluggesellschaft hatte zuletzt am 1. Januar 2011 einen Zwischenfall auf dem Flughafen Surgut, der zu einem Unfall mit einer Tupolew Tu-154B führte. Kurz vor dem Start fing die Maschine damals auf dem Rollfeld Feuer. Es gab drei Todesopfer sowie 43 Verletzte. Branchenberichten zufolge besuchten im vergangenen Jahr etwa drei Millionen Russen Ägypten - dies sei die größte ausländische Gruppe gewesen, hieß es. Reisebüros locken mit günstigen Pauschalangeboten und dem guten politischen Verhältnis zwischen Kairo und Moskau. Da westliche Touristen wegen mehrerer Terroranschläge und der derzeitigen autoritären Regierung das Land meiden, sind russische Gäste für die ägyptische Tourismusbranche von großer Bedeutung.

Der russische Wetterdienst Rosgidrometa teilte mit, in der Region hätten keine schwierigen Flugbedingungen geherrscht. "Es gibt etwas Bewölkung, die Sicht beträgt sechs bis acht Kilometer", sagte ein Mitarbeiter.

Flugzeugabsturz auf Sinai
Flugzeugabsturz auf SinaiAPA

(APA/dpa/Reuters/AFP/Red.)

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