Aktionismus: Hungerstreik gegen einen neuen Krieg

Ali Gedik (re.) mit Willi Resetarits
Ali Gedik (re.) mit Willi Resetaritsprivat
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Ein 54-jähriger Wiener Jugendarbeiter wollte mit einem Hungerstreik für mehr Aufmerksamkeit für das gewaltsame Vorgehen der Türkei gegen Kurden sorgen.

Wien. „Genug ist genug“ steht auf dem Plakat, das auf dem Boden ausgebreitet ist. Gleich daneben liegen Fotos, die zeigen, was damit gemeint ist. Auf den Bildern sind die Zerstörungen in Städten im Osten der Türkei zu sehen. Dort, in den vor allem von Kurden bewohnten Gebieten, herrscht de facto Kriegszustand. Der Friedensprozess zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Untergrundbewegung PKK ist endgültig Geschichte. Das türkische Militär rückt mit Panzern gegen aufständische Städte wie Cizre oder Silopi vor. „Ganze Straßen werden bombardiert. Die Menschen können ihre toten Verwandten oft nicht mehr bergen.

„Das ist ein Krieg gegen Zivilisten“, sagt Ali Gedik und seufzt. Um auf die prekäre Lage in der Türkei aufmerksam zu machen, trat der 54-jährige Wiener Jugendarbeiter bereits am Sonntag in einen mehrtägigen Hungerstreik. In der Wiener Opernpassage hat er sein kleines Protestcamp aufgeschlagen, bestehend aus mehreren Plakaten und einem Sessel. Gedik wurde als Kurde in der Stadt Pazarcik im Osten der Türkei, nahe der Grenze zu Syrien, geboren. Als 14-Jähriger kam er nach Vorarlberg, seit mehr als 20 Jahren lebt er in Wien.

Gedik erhielt während seiner Aktion in der Opernpassage Besuch von Wiener Politikern und Künstlern wie „Ostbahn-Kurti“ Willi Resetarits. Am Mittwoch beendete er den Hungerstreik. „Gut wäre es für mich dann, wenn der Krieg aufhört“, so sein Resümee. Aber es sei ihm gelungen, die Anliegen der Kurden ein Stück mehr hörbar zu machen. Dass zuletzt neben den Grünen auch die SPÖ und die ÖVP in Aussendungen die Situation in den Kurdengebieten der Türkei kritisiert haben, sieht er als kleinen Erfolg. Jetzt seien Österreichs Außenminister, Bundeskanzler und Bundespräsident gefordert, in Ankara zu protestieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2016)

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