Frankreich: „Lieber keine Kippa tragen“

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Symbolbild.(c) APA/AFP/OLIVER KILLIG
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Juden wird in Marseille geraten, vorsichtshalber ohne Käppchen auf die Straße zu gehen.

Paris. Der Vorsitzende des Konsistoriums der Juden von Marseille, Zvi Ammar, empfiehlt seinen Glaubensbrüdern dringend, in der Öffentlichkeit vorsichtshalber keine Kippa zu tragen oder allenfalls das flache Käppchen, das die Zugehörigkeit zum jüdischen Glauben erkennbar macht, mit einer Mütze oder einem Hut zu verdecken. Ammar sagt dazu, es bereite ihm Bauchschmerzen, einen solchen Rat geben zu müssen. Doch die „außerordentlichen und gravierenden Umstände“ ließen ihm keine andere Wahl, denn das Leben sei heiliger als irgendwelche Symbole.

Am Montag war ein 35-jähriger Lehrer, der wie üblich auf dem Kopf eine Kippa trug, auf dem Weg zur jüdischen Privatschule La Source von einem Jugendlichen mit einer Machete angegriffen und verletzt worden. Dass er bei dieser brutalen Attacke nicht getötet wurde, hat er seiner heiligen Schrift zu verdanken: Mit dem dicken Buch konnte er die meisten Machetenhiebe abwehren. Der erst 15-jährige Täter, laut Polizei ein türkischer Kurde, wurde wenig später auf der Flucht festgenommen. Er bezeichnete sich als Jihadist für den Islamischen Staat (IS). Am Mittwoch wurden Ermittlungen wegen Mordversuchs aufgenommen.

„Kapitulation vor Terror“

In Marseille, wo die jüdische Gemeinde rund 70.000 Mitglieder zählt, stößt nun der Appell Ammars auf empörte Reaktionen. Und in Paris ließ der Großrabbiner von Frankreich, Haïm Korsia, wissen, auf das Tragen der Kippa zu verzichten, sei eine Kapitulation vor dem Terrorismus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2016)

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