So funktioniert das Zugsicherungssystem PZB

Die Meridian-Züge der Bayrischen Oberlandbahn sind mit dem Zugsicherungssystem PZB ausgestattet.
Die Meridian-Züge der Bayrischen Oberlandbahn sind mit dem Zugsicherungssystem PZB ausgestattet.APA/AFP/dpa/RENE RUPRECHT
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In Deutschland wird bis zu Tempo 160 punktförmig die Position und Geschwindigkeit des Zuges überprüft. Wird ein Haltesignal überfahren kommt es zur Zwangsbremsung.

Je schneller Züge auf einer Strecke fahren dürfen, desto höher sind die Anforderungen an zusätzliche Sicherungstechnik, die menschliche Fehler ausgleichen soll - denn auch Bremswege werden länger. Bis Tempo 160 wird in Deutschland die "Punktförmige Zugbeeinflussung" (PZB) eingesetzt. An der Unglücksstelle bei Bad Aibling liegt  die Höchstgeschwindigkeit der Züge laut Deutscher Bahn bei 100 km/h.

Installiert ist das System nach Angaben der Deutschen Bahn als Betreiberin des Schienennetzes auch auf der eingleisigen Strecke in Bayern, auf der am Dienstag zwei Züge frontal zusammenstießen. Beim PZB-System empfängt ein Gerät im Zug Signale von Magneten im Gleisbett - diese sind mit einem ersten Vorsignal und dem 1000 Meter weiter stehenden Hauptsignal verkabelt.

Zwangsbremsung

Steht das Hauptsignal auf Rot, zeigt dies auch bereits das Vorsignal an. Der Lokführer muss mit einer Taste bestätigen, dass er dies bemerkt hat, sonst bremst ihn die Technik ab. Rollt der Zug über das rote Hauptsignal, wird ebenfalls eine Zwangsbremsung ausgelöst. Das System kann auch eingreifen, wenn Züge zum Beispiel in engen Kurven die Geschwindigkeit nicht wie vorgeschrieben gedrosselt haben.

Laut "Sueddeutscher Zeitung" ist es aber auch möglich, ein Haltesignal zu überfahren. Der Lokführer muss eine Taste bedienen wodurch eine Zwangsbremsung verhindert werden kann. So gibt es für das Zugsunglück mehrere mögliche Ursachen:

  • Das Signal hat die flaschen Informationen an die Gleismagnete geschickt
  • Gleis- und Zugmagnet waren fehlerhaft
  • Menschliches Verfahren

Das 33.000 Kilometer lange Gleisnetz in Deutschland ist nach Bahn-Angaben inzwischen zu mehr als 96 Prozent mit PZB ausgestattet. Wo schneller als Tempo 160 gefahren wird, werden Fahrtdaten nicht nur punktuell, sondern ständig technisch kontrolliert. Diese "Linienzugbeeinflussung" (LZB) kann ebenfalls automatische Bremsungen auslösen. Eingleisig sind etwa 15.000 Kilometer des deutschen Gleisnetzes.

Züge mit Blackbox

Die Züge der Bayrischen Oberlandbahn BOB sind in Berlin von der Firma Stadler gebaut worden, jene Zugfirma die Garnituren für die Westbahn herstellt. In Bayern kommt der Typ "Flirt3" (Flinker Leichter Innovativer Regional Triebzug) zum Einsatz, die Doppelstock-Garnituren der Westbahn werden als "Kiss" bezeichnet. Die Höchstgeschwindigkeit des "Flirt3" ist 160 km/h, die Züge können je nach Bedarf in der Länge variiert werden, vorne und hinten wird jeweils ein Triebwagen angehängt. Jeder Zug verfügt über drei Blackboxen.

Top-Level der modernen Zugsicherung ist übrigens das ETCS-System. Die EU verpflichtet alle Mitgliedstaaten, beim Neubau und bei der Umrüstung bestehender transeuropäischer Strecken das Zugsicherungssystem ETCS und den GSM-R Zugfunk einzusetzen. Dafür wurden sowohl nationale als auch EU-Förderungen gewährt.

Im Gegensatz zu dieser „punktuellen“ Zugsicherung wird im ETCS ununterbrochen die Geschwindigkeit gemessen – durch Messeinrichtungen in der Lok, andererseits den Positionsabgleich mit sogenannten Balisen, an den Schienen, die eine genaue Ortsbestimmung ermöglichen. Diese Informationen werden per Funk – es steht mit dem GSM-R ein eigener Bahnmobilfunk zur Verfügung – laufend mit den Vorgaben der Verkehrsleitzentrale abgeglichen. Das ETCS-System kam in Österreich erstmals mit den Railjets zum Einsatz.

(APA/dpa/Red.)

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