Warum eine Botschaft (wieder-)eröffnet wird

BUNDESPRAeSIDENT FISCHER IN KOLUMBIEN: FISCHER - SANTOS
BUNDESPRAeSIDENT FISCHER IN KOLUMBIEN: FISCHER - SANTOSAPA/HARALD SCHNEIDER
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Friedensgespräche mit Guerilleros und eine florierende Wirtschaft: Kolumbien macht vieles richtig. Da will Österreich dabei sein. Und reaktiviert eine Botschaft.

Bogotá. Es gibt sie noch: gute Nachrichten. Zumindest vorsichtig gute. Bundespräsident Heinz Fischer besuchte auf seiner Mittel- und Südamerikareise als zweite Station Kolumbien, das jahrzehntelang als von Bürgerkrieg, Drogenkartellen und Kriminalität geplagt galt. Gelöst seien die Probleme nicht, aber der Patient sei „auf dem Weg der Besserung“, wie Botschafter Andreas Rendl vor der großen österreichischen Delegation ausführte. Die geheim geführten Friedensverhandlungen zwischen Kolumbien und der marxistischen Guerilla „Farc“ waren auch Mittelpunkt der Gespräche zwischen dem Präsidenten und Reformer Juan Manuel Santos (64) sowie Fischer am Freitag. „Es ist das erste Mal, dass uns ein österreichischer Präsident besucht, das erfüllt uns mit Freude“, sagte Santos.

Seine Regierung verhandelt seit November 2012 mit der Farc über ein Ende des vor über 50 Jahren begonnenen Kriegs in Kolumbien. Im Konflikt zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs und dem Staat sind wohl mehr als 250.000 Menschen gestorben. Millionen wurden vertrieben. Bis 23. März sollen die Gespräche glücklich enden. Dass der Zeitplan hält, glaubt kaum jemand in Bogotá, obwohl Santos sagt: „Wir wollen am 23. März die Schlussakte unterschreiben“. Ein Ziel, für das Fischer Kolumbien die Daumen hält, denn das sei „eine Riesenaufgabe“, wie er später sagte. Überdies würde die Normalisierung zwischen Kuba und den USA nun den Kalten Krieg in der westlichen Hemisphäre endgültig beenden und Amerika sich zu einer „Zone des Friedens verwandeln.“

In vielen Punkten gibt es wirklich große Annäherung. Neben der Frage einer Landreform zugunsten der Bauern über spezielle Fonds geht es um Reintegration der Farc-Kämpfer. Letzteres ist eine soziale Mammutaufgabe. Ähnliches gilt für den Kampf gegen den Kokaanbau, der seit zehn Jahren deutlich zurückging. Die Schwierigkeit besteht nicht nur im Kampf gegen die Kartelle, sondern auch in Überzeugungsarbeit bei den Bauern, die man animieren muss, lukrativen Kokaanbau mit der mühseligen, finanziell riskanten Kaffee- und Kakaokultur zu tauschen.

Aber Österreichs Spitze kam nicht nur zum Zuhören und zu Friedenskonsultationen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen – im Gegensatz zum Besuch Kubas zuvor: Die Wachstumsraten liegen natürlich weit über jenen Österreichs, nach oben ist viel Potenzial im bevölkerungsmäßig zweitgrößten Land Südamerikas mit seiner wirtschaftsliberalen Politik: Neben den Klassikern wie Swarovski ist etwa Alpla hier. Der Vorarlberger Plastikflaschenmacher ist stets ein guter Indikator dafür, wo Geschäfte winken. Ein positives Ende des Friedensprozesses werde weitere Investitionen hierher leiten, ist auch Alexander Solar, Wirtschaftskammer-Mann vor Ort, sicher. Und Santos hofft auf eine Belebung des beiderseitigen Tourismus, wie er sagte.

Der Besuch hat auch eine leicht absurd österreichische Note: Fischer eröffnet am Samstag eine Botschaft, die Österreich unter Außenminister Michael Spindelegger aus Kostengründen zugemacht hatte. Dann zeigte sich, dass das Gebäude nicht zum erhofften Preis zu verkaufen war. Kolumbiens Bedeutung stieg im selben Zeitraum, mit der Venezuelas war es umgekehrt: In Caracas wird die Botschaft geschlossen. Bis auf Weiteres.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2016)

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