„Gastro-Mafia“: Skandal um Ekel-Essen auf Mallorca

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Wiederverwertete Speisereste, vergammelte Zutaten, Etikettenschwindel bei Getränken und Wucher: Wie eine „Gastro-Mafia“ Touristen seit Langem übers Ohr haute.

Palma de Mallorca. Auf Europas Ferieninsel Nummer eins wurden Gäste jahrelang in Dutzenden Lokalen primär der Touristenklasse mit minderwertigen Speisen, Etikettenschwindel und Wucherpreisen betrogen: Das brachten Ermittlungen in der Hauptstadt Palma dieser Tage ans Licht.

Die Vorwürfe sind so haarsträubend, dass die Inselpresse von „Ekel-Essen“ und einer „Gastro-Mafia“ spricht, die ihr Unwesen vor allem in Palmas Altstadt und der Umgebung der Promenade trieb. Allein 30 Lokale eines bekannten Großwirts sollen betroffen sein. Ein Richter ermittelt inzwischen wegen Gesundheitsgefährdung, Verstoßes gegen Hygienevorschriften, Betrugs und sogar wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Den Untersuchungen zufolge wurden systematisch Speisen in fragwürdigem Zustand wiederverwertet. Etwa indem Essensreste anderen Kunden vorgesetzt wurden, oder verschimmelte und sonst unappetitliche Produkte fürs Kochen verwertet worden seien.

Stark würzen als Tarnung

„Der Geschäftsführer zwang uns, alles wiederzuverwerten, auch, wenn etwas zu Boden gefallen war“, sagte eine Restaurantangestellte vor dem Ermittlungsrichter. „Hier wird nichts weggeworfen“, habe der Chef angeordnet. Um den unappetitlichen Anblick, schlechten Geruch oder fragwürdigen Geschmack mancher Nahrungsmittel zu kaschieren, sei alles stark gewürzt oder mit Saucen überdeckt worden. Zudem habe es viel Ungeziefer in den Küchen gegeben. Bei Getränken sei Etikettenschwindel betrieben worden, berichtete der „Diario de Mallorca“: Fruchtsäfte seien aus faulen Früchten gemacht und mit Wasser verdünnt worden. „Um den unangenehmen Geschmack zu verschleiern, tat man viel Zucker hinzu.“ Flaschen von Markenweinen seien mit Billigwein gefüllt worden, den Schmäh inklusive „Strecken“ von Getränken habe es auch bei Limonaden, Bier und harten Drinks gegeben. Wucher sei üblich gewesen, etwa indem Getränkepreise nicht ausgeschildert und dann stark überhöhte Preise verlangt wurden – typischerweise bei Touristen, die sich eher selten beschweren würden.

Die Ermittlungen haben 2015 begonnen, nachdem Restaurantangestellte Anzeige wegen miserabler Arbeitsbedingungen erstattet hatten. Vor allem Immigranten, teils ohne Aufenthaltsgenehmigung, waren davon betroffen.

Der Gastronomieverband Mallorcas verurteilte die aufgeflogenen Praktiken, versichert aber, dass es sich angesichts von mehr als 10.000 Lokalen auf der Insel um „Einzelfälle“ handle. (ze)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2016)

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