Vereinigte Staaten: Das Geschäft mit Eizellen blüht

(c) APA (W. Feichtinger)
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In den USA spenden immer mehr Frauen ihre Eizellen. Als Belohnung gibt es bis zu 10.000 Dollar. Spenderinnen aus Ostasien sind besonders gefragt, Afroamerikanerinnen weniger.

Eigentlich wollte sie es nur ein einziges Mal tun. „Ich hörte immer wieder, dass viele Frauen Schwierigkeiten haben, Kinder zu bekommen. Deshalb wollte ich helfen“, erzählt die heute 27-jährige Jenny. Den Kredit für ihr Studium hatte sie auch noch nicht abbezahlt. Das habe ihr bei der Entscheidung zu helfen schon auch geholfen, gibt sie zu.

Im Juli 2006 hat Jenny zum ersten Mal Eizellen gespendet und dafür 7000 Dollar (4985 Euro) bekommen. Damit konnte die Sachbearbeiterin ihren Restkredit begleichen und einem unbekannten Paar den Kinderwunsch erfüllen. „Alles verlief problemlos, ich war begeistert“, sagt Jenny. Auch der Aufwand sei überschaubar. Vom ersten Kontakt mit dem Vermittlungsunternehmen bis zur Überweisung der 7000 Dollar vergingen keine drei Monate.

In Summe investierte Jenny etwa 25 Stunden ihrer Zeit. „Rechnen Sie einmal nach. Das ergibt einen tollen Stundenlohn.“ Stimmt. 280 Dollar, um genau zu sein. Die 25 Stunden bestehen unter anderem aus einem psychologischen Eignungstest. Außerdem muss die Spenderin einige medizinische Tests durchlaufen und – sobald sie von einem potenziellen Käuferpaar ausgewählt wurde – zwei Wochen lang täglich zur Medikamenteneinnahme ins Labor kommen. Die Vermittlungsfirma blieb mit Jenny in Kontakt, nachdem die Spende abgeschlossen war.

Alles lief perfekt, irgendwo brachte eine Frau mit Jennys Eizellen im Jahr 2007 ein Kind zur Welt. Da die sogenannte Erfolgsrate – viele Agenturen werben mit mehr als 90 Prozent – das Um und Auf im Geschäft mit den Eizellen ist, will man „erfolgreiche“ Frauen zur neuerlichen Spende animieren.

Spende für das Diplom.
Das war auch bei Jenny so. Im Juni des Vorjahres spendete sie erneut. Da es das zweite Mal war und beim ersten Mal alles geklappt hatte, verdiente sie dieses Mal 8000 Dollar. Im Herbst möchte sie nun ein postgraduales Studium beginnen. „Ich werde vermutlich wieder spenden, um mir mein Diplom in BWL zu finanzieren.“ Da auch bei der zweiten Spende alles gut ging, hofft die junge Frau nun auf 10.000 Dollar. „Es beruhigt mich, denn im Moment weiß man nicht, ob man morgen noch einen Job hat.“

Nicht nur Jenny – die ihren Nachnamen nicht nennen mag, weil manche Agenturen auf die Anonymität ihrer Spender bestehen – versucht, in der Wirtschaftskrise ihr Einkommen per Eizellenspende aufzubessern. „Die Zahl der Interessenten ist in den letzten Monaten um mehr als ein Viertel gestiegen“, sagt Nazca Fontes. Sie ist die Chefin der in Chicago ansässigen „Donor Network Alliance“. Das ist eines der größten Vermittlungsbüros in den USA.

„Vor einem Jahr hatten wir 300 bis 400 potenzielle Spenderinnen pro Monat“, erklärt die Expertin. „Nun sind es monatlich mehr als 500 Frauen.“ Zwei weitere bundesweit agierende Vermittler, die kalifornische Firma „Health News“ sowie „Health & Science Fertility Consultants“ aus Oregon, berichten von einem ähnlichen Anstieg.

Das bedeutet nicht nur einen Zusatzverdienst für die Spenderinnen, sondern auch für die Vermittler. In der Regel ist die Nachfrage nach Eizellenspenderinnen höher als das Angebot. Paare, die ihren Kinderwunsch ohne fremde Eizellen nicht erfüllen können, zahlen einen Betrag in der Größenordnung von 20.000 bis 30.000 Dollar, um die passende Spenderin zu finden.

Herkunft und Hautfarbe zählen.
„Dieser Betrag ist aber deutlich größer, wenn man eine ostasiatische Spenderin will“, sagt Fontes. Frauen aus dieser Region seien nämlich seltener bereit, Eizellen zu spenden. Entsprechend geringer ist das Angebot und höher der Preis. Noch teurer wird es, wenn sich der Käufer beispielsweise eine ostasiatische Spenderin mit einer ausgezeichneten Ausbildung wünscht.

Genaue Beträge wollen die Vermittler nicht bekannt geben. Es kursieren aber immer wieder Zahlen, wonach etwa die Eizellen einer in Harvard ausgebildeten Ostasiatin mehrere hunderttausend Dollar wert seien. Im Gegensatz dazu seien die Eizellen von Afroamerikanerinnen weniger gefragt, erklärt die Expertin.

Auf der Käuferseite ist der Markt für Eizellen nicht reguliert, sprich die US-Gesetzgebung gibt keinen Höchstbetrag vor, den die Vermittler von unfruchtbaren Frauen verlangen dürfen. Auf der anderen Seite gibt es einen Maximalbetrag, den Agenturen an die Spenderinnen bezahlen: 10.000 Euro. Das ist in einem sogenannten „Ethikkodex“ festgehalten, auf den sich die Agenturen geeinigt haben. Als Erklärung führen sie an, dass Frauen durch die Verlockung horrender Summen keinesfalls zum Spenden animiert werden sollen.

Eine weitere Regel gibt es noch, zumindest offiziell: Jede Frau darf nur neun Mal in ihrem Leben Eizellen spenden. Tut sie es öfter, könnten gesundheitliche Gefahren entstehen, etwa jene der eigenen Unfruchtbarkeit. Das ist wissenschaftlich allerdings noch nicht eindeutig geklärt, deshalb sind manche Agenturen bei der Anwendung dieser Regel nicht immer streng.

Da es keine Registrierungspflicht gibt, ist der Umfang des Gesamtmarktes für Eizellenspenden schwer abzuschätzen. Im Internet sind problemlos hunderte Agenturen zu finden. Nazca Fontes von der „Donor Network Alliance“ schätzt, dass pro Jahr zumindest Eizellen von 15.000 Frauen den Körper wechseln. Da aber nicht alle Spenderinnen und Käuferinnen über Agenturen zusammenfinden, dürfte die tatsächliche Zahl deutlich höher liegen.

Strengere Regeln in Europa.
Nur in wenigen anderen Ländern steht der Gesetzgeber dem Spenden von Eizellen so locker gegenüber wie in den USA. Immer wieder werden ethische und moralische Bedenken laut. Eine Gesundheitsgefahr ist medizinisch weder bewiesen noch ausgeschlossen.

Die meisten Länder Europas – darunter Österreich, Italien und Deutschland – verbieten das Spenden von Eizellen. Lediglich in Spanien und Großbritannien ist es erlaubt, allerdings darf den Spenderinnen höchstens eine geringe Entschädigung bezahlt werden, was den Markt erheblich verkleinert. Eine ähnlich freizügige Regelung wie in den USA besteht beispielsweise in Indien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2009)

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