Deutschland: Hohes Schmerzensgeld für intersexuelle Frau

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Die Frau war als Zwitter zur Welt gekommen. Der Chirurg, der ihr vor 30 Jahren ihre voll entwickelten weiblichen Geschlechts-Organe entnahm, muss nun 100.000 Euro Entschädigung zahlen.

Ein Chirurg, der eine intersexuelle Patientin vor gut 30 Jahren mit einer Operation unumkehrbar biologisch zum Mann machte, muss dieser 100.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das entschied das Kölner Landgericht in einem aufsehenerregenden Prozess am Mittwoch.

Der Arzt hatte im Jahr 1977 der damals 18-Jährigen - sie war mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen zur Welt gekommen - ohne vorherige Aufklärung die inneren weiblichen Geschlechtsorgane entnommen. Klägerin Christiane V. war als Bub großgezogen worden, fühlt sich aber als Frau.

Frau wurde als Zwitter geboren

Die heute 50-jährige hatte zu Prozessbeginn 2007 über ihren langen Leidensweg nach der OP berichtet, von körperlichen Beeinträchtigungen, Schmerzen und schweren psychischen Problemen. Sie wurde als Zwitter geboren und war von der Hebamme als Bub registriert worden.

Erst bei einer Blinddarm-OP beim jugendlichen "Thomas" waren innere weibliche Geschlechtsorgane entdeckt worden. Während man vor dem folgenschweren Eingriff von einem gemischt weiblich-männlichen Geschlecht und verkümmerten weiblichen Geschlechtsorganen ausgegangen war, zeigte sich während der OP eine normale weibliche Anatomie mit intakter Gebärmutter und Eierstöcken. Den Richtern zufolge hätte der Chirurg daher den Eingriff sofort abbrechen müssen.

Leben als Frau wäre möglich gewesen

Eine Sachverständige sagte vor Gericht, für die intersexuelle Klägerin wäre auch nach dem damaligen medizinischen Stand das gewünschte Leben als Frau möglich gewesen. Dies hätte man mit Medikamenten und möglicherweise operativen Eingriffen erreichen können.

Der Mediziner war im Februar 2008 vom Landgericht Köln wegen des rechtswidrigen Eingriffs verurteilt worden, aber in Berufung gegangen. Das Oberlandesgericht bestätigte im September 2008, er habe die Klägerin mit der OP "schuldhaft in ihrer Gesundheit und ihrem Selbstbestimmungsrecht verletzt".

(APA)

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