Die Gerüchteküche brodelt: Wurde die "Arctic Sea" entführt? Waren Piraten am Werk, geht es um eine Mafia-Fehde oder einen Handelsstreit? Hier eine Zusammenfassung der Spekulationen.
Am Samstag ging für das seit mehr als zwei Wochen verschwundene Frachtschiff eine Lösegeldforderung ein, russische Medien berichteten am Montag über eine Summe von mindestens 1,5 Millionen US-Dollar (rund eine Million Euro). Die Forderung nach Lösegeld erhärtet die Hinweise darauf, dass das Schiff entführt wurde. Unklar ist, von wem und weshalb.
Der Direktor der finnischen Reederei Solchart, Viktor Maveyev, ging vergangene Woche von einem Piratenangriff aus. Wenn das Schiff tatsächlich gekapert wurde, würde es sich dabei um den ersten Fall von moderner Piraterie in europäischen Gewässern handeln. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Wochenende, der Fall habe nichts mit "traditionellen" Akten von Piraterie oder bewaffneten Überfällen auf See gemein.
Experten vermuteten, dass der Frachter möglicherweise eine geheime Ladung an Bord hatte. Offiziell transportiert das Schiff Rundhölzer im Wert von 1,3 Millionen Euro. Einer Theorie zufolge war die Besatzung der "Arctic Sea" in Drogenschmuggel verwickelt und wurde Opfer einer Auseinandersetzung in der Unterwelt.
In der Moskauer Boulevardzeitung Moskowski Komsomelz mutmaßte der Vizechef der russischen Seefahrergewerkschaft, Sergej Portenko, der Frachter habe nicht Holz, sondern Waffen für Westafrika geladen. Dies solle nun "vertuscht" werden.
Nick Davis, Experte für Sicherheitsfragen auf See beim Merchant Maritime Warfare Center (MMWC), vertrat gegenüber der Nachrichtenagentur AP die These, dass die "offenbar gut geplante Entführung" das Resultat eines internationalen Handelsstreits sei. Das entführte Schiff solle als "Pfand" dienen, um Druck auszuüben. Das funktioniere freilich nur, wenn auch die andere Seite etwas zu verbergen hat - etwa eine geheime Fracht.
(beba)