Studie: Dunkle Geschäfte mit Spenderorganen

(c) APA (Al Hartmann)
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Von den weltweit 68.000 durchgeführten Nierentransplantationen pro Jahr sind laut einer jüngsten Studie bis zu zehn Prozent durch Organhandel zustande gekommen.

Wien/New York. Die Kundschaft aus Israel hat bis zu 120.000 US-Dollar für das komplette Angebot hingeblättert: Flug, Aufenthalt, Vollpension – und eine neue Niere, die in einem Spital in Südafrika transplantiert wurde.

Die Organspender kamen meist aus Brasilien, wurden zum Eingriff nach Südafrika geflogen und bekamen bis zu 10.000 US-Dollar für ihr Organ bezahlt. Topchirurgen waren in das illegale Geschäft verwickelt, das überaus professionell in einem regulären Krankenhaus in Durban über die Bühne ging und vor vier Jahren aufflog.

Lange Warteliste

Der illegale Handel mit Organen boomt: Von den weltweit 68.000 durchgeführten Nierentransplantationen pro Jahr sind laut einer jüngsten Studie bis zu zehn Prozent durch Organhandel zustande gekommen. In den EU-Staaten warteten 2007 mehr als 58.000 Menschen auf eine neue Niere, eine neue Leber oder ein Herz. Aber nur knapp 26.000 Menschen bekamen tatsächlich ein neues Organ implantiert.

Täglich sterben durchschnittlich zwölf EU-Bürger, weil für sie kein neues Organ zur Verfügung steht. Je länger die Wartezeit, umso höher ist die Bereitschaft, sich ein Organ auf dem Schwarzmarkt zu kaufen.

Die österreichische Staatsanwältin Carmen Prior und der US-Forscher Arthur Caplan haben für Europarat und UNO einen 98 Seiten starken Bericht zum Organhandel verfasst, der Mittwoch in New York präsentiert wurde. Sie fordern ein weltweites Verbot des Organhandels und eine internationale Konvention zur Strafverfolgung von Organhändlern und zum Schutz von Spendern.

Immerhin bekommen arme Menschen doch Geld für eine ihrer zwei Nieren – so lauteten Argumente von Organhändler wie jenen, die in Südafrika aufgeflogen sind. Doch auch wenn sich jemand aus freien Stücken gegen Geld ein Organ entnehmen lässt, kann eine dritte Person wesentlich mehr Geld aus einer Notsituation schlagen.

Solche Spender werden meist nicht medizinisch nachbetreut, sondern nach einer ganz kurzen Erholungsphase aus den Spitälern entlassen. Und wenn sie wieder arbeitsfähig sind, sind sie es meist nur eingeschränkt – und verdienen bis zu 80 Prozent weniger als vorher.

Spender dringend gesucht

Das wichtigste Prinzip im Spendersystem, so die Autoren: Geld und finanzielle Überlegungen dürfen keine Rolle spielen – Transplantationen dürfen nie an wirtschaftliche Bedingungen geknüpft werden.

Um dem Organhandel entgegenwirken zu könne, müssten mehr Organe verfügbar sein: Hier wird Österreich gemeinsam mit Spanien, Italien, Belgien und Singapur als Vorzeigemodell genannt. Durch die Regel, dass jedem Toten Organe entnommen werden dürfen (außer man hat zu Lebzeiten Widerspruch eingelegt), ist die Versorgung mit Organen im Vergleich sehr gut.

Der Druck auf Patienten, sich im Ausland eine Niere einpflanzen zu lassen, ist in Österreich gering. In den meisten Staaten dürfen Organe nämlich nur entnommen werden, wenn eine ausdrückliche Zustimmung vorliegt.

WISSEN

In Österreich wurden 2008 361 Nieren und 116 Lebern transplantiert. In 62 Fällen (bei Nieren) stellten Lebendspender die Organe zu Verfügung. 883 Personen standen auf der Warteliste für eine Nieren- und 113 Patienten für eine Lebertrans-plantation. Weiters wurden 2008 116 Lungen, 59 Herzen und 34 Bauchspeicheldrüsen verpflanzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2009)

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