Irischer Blasphemie-Paragraph: Gotteslästerern droht Strafe

(c) AP (Peter Morrison)
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Wer in Irland religiöse Gefühle verletzt, muss in Zukunft mit bis zu 25.000 Euro Geldstrafe rechnen. Gestritten wurde über die Gesetzesreform schon länger als ein Jahr, in Kraft getreten ist sie Anfang 2010.

Dublin/Wien (zoe).Sogar Papst Benedikt XVI. könnte in Irland eine saftige Geldstrafe von bis zu 25.000 Euro aufgebrummt bekommen. Ausgerechnet wegen Blasphemie.

Mit seiner als Regensburger Rede bekannt gewordenen umstrittenen Vorlesung aus dem Jahr 2006, in der er sich zum Thema Islam äußerte, tätigte das Oberhaupt der katholischen Kirche „gotteslästerliche Aussagen gegen eine Religion“. Und diese stehen im erzkatholischen Irland seit Kurzem gesetzlich unter Strafe. Allerdings könnte theoretisch nicht nur Benedikt in Irland vor Gericht landen, sondern auch einige jener Politiker, die den neuen Blasphemie-Paragrafen auf den Weg gebracht haben.

Gestritten wurde über die Gesetzesreform schon länger als ein Jahr, in Kraft getreten ist sie Anfang 2010. Kritik hagelte es von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und auch von Schweden, das eine Beschwerde bei der EU-Kommission dagegen einbrachte.

In Irland selbst stieg die Organisation „Atheist Ireland“ auf die Barrikaden gegen das „mittelalterliche Gesetz“ gestiegen. Der Vorsitzende Michael Nugent bezeichnete die Reform als „dumm und gefährlich“. Denn schon jetzt würden islamische Staaten, allen voran Pakistan, das irische Gesetz heranziehen, um auf internationaler Ebene Druck für ein Blasphemie-Gesetz zu machen.

Warum nicht einfach kippen?

Der umstrittene Paragraf ist Teil des Mediengesetzes zur üblen Nachrede und wurden vorigen Sommer im Dubliner Parlament beschlossen. Justizminister Dermot Ahern regte die Änderung des Artikels 40 der irischen Verfassung aus dem Jahr 1937 an, weil sich die Realität geändert habe. Es gebe mehr als eine Religion auf der Insel, dem müsse man Rechnung tragen. Bisher habe die Verfassung nur Christen gesetzlichen Schutz geboten.

Die Forderung vieler Politiker, den Blasphemie-Paragrafen überhaupt zu streichen – so wie das etwa in Großbritannien praktiziert wurde –, schmetterte der Justizminister ab. Erst er habe einen Strafbestand geschaffen, sagen die Kritiker. Bisher war weder festgelegt, was genau unter Blasphemie zu verstehen, noch, in welchem Ausmaß sie zu bestrafen sei. Justizminister Ahern betont aber, dass man nun klare Richtlinien habe. Und diese Hürden seien so hoch, dass es kaum zu Verurteilungen wegen Gotteslästerungen kommen werde. Laut Gesetz muss es sich um Material handeln, das religiöse Gefühle absichtlich und stark verletze und den öffentlichen Frieden störe.

Irlands Atheisten wollen jetzt jedenfalls ein gotteslästerliches Statement herausgeben, um ein Grundsatzurteil zu erzwingen. Zudem fordern sie ein Referendum, das für eine Verfassungsänderung ohnehin nötig wäre.

Bisher ist das Gesetz in Irland nur einmal – fast – zur Anwendung gekommen: Der „Independent“ wurde 1999 wegen eines Cartoons verklagt, der angeblich die katholische Kirche verhöhnte. Der zuständige Richter schmetterte den Fall damals ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2010)

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