Schweden: Keine Babys für schwule Paare

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Homosexuelle Paare haben in Schweden das volle Adoptionsrecht. Allerdings nur theoretisch: Anträge von Schwulen werden nach wie vor ausgesiebt. Ein Paar aus zwei Männern gilt offensichtlich als Problem.

Stockholm/Kopenhagen. . Der Champagner floss in Stockholms Reichstag, als Schweden als erstes Land der Welt homosexuellen Paaren das volle Adoptionsrecht zuerkannte. Das war 2002. Neun Jahre später ist die Bilanz ernüchternd: Zahl der internationalen Adoptionen durch schwedische Schwule: null. Zahl der nationalen: null.

Robert und Fredrik Skoglund waren die Ersten, die es versuchten. Als das neue Gesetz 2003 in Kraft trat, stellten sie den Antrag auf Familienvergrößerung, ein Jahr später waren alle Formalitäten erfüllt. Das schwule Paar aus Stockholm hatte alle Prüfungen bestanden. Die Probleme kamen hinterher: Sie versuchten es bei mehreren Adoptionsorganisationen, doch das Ergebnis war stets das gleiche: Keines der Länder, die Adoptivkinder nach Schweden vermitteln, wollte etwas mit homosexuellen Paaren zu tun haben. Und als sie ihre Hoffnung auf einheimische Kinder setzten, wurden sie auch enttäuscht. Als sich die beiden als Pflegeeltern bewarben, bekamen sie nicht einmal eine Antwort. „Die Sozialbehörden sind von altmodischen Wertvorstellungen geprägt“, klagt Robert Skoglund in „Svenska Dagbladet“. Problemkinder will man eben nicht in Haushalten platzieren, in denen es schon Probleme gibt. Und ein Paar aus zwei Männern gilt offensichtlich als Problem.

Lesben wählen Insemination

Das sind Erfahrungen, die nicht nur die Skoglunds machen. „Es gibt kein Land, das gleichgeschlechtliche Paare für internationale Adoption akzeptiert, und ehe sich das ändert, wird noch viel Zeit vergehen“, sagt Inga Näslund von Schwedens größter Vermittlung „Adoptionszentrum“. Doch auch im Inland sind die Chancen nicht besser: „Es gibt so wenige Kinder, und im Auswahlprozess der Eltern werden Homosexuelle frühzeitig aussortiert“, sagt der konservative Parlamentarier Tomas Tobe. 2010 wurden in Schweden nur 66 Kinder zur Adoption freigegeben.

Bei lesbischen Paaren sieht die Lage anders aus: Diese erfüllen sich ihren Kinderwunsch nämlich in der Regel durch Insemination, bisher gab es offenbar keine Adoptionsanträge solcher Paare.

Robert und Fredrik Skoglund sind allerdings doch Väter geworden: Sie fanden in Indien eine Leihmutter. Am 3. September des Vorjahrs kam die kleine Alwina auf die Welt, die nun mit den Papas im schwedischen Sommer die ersten Gehversuche unternimmt.

Leihmutterschaft ist in Schweden illegal, doch das soll sich ändern. Robert Skoglund ist sozialdemokratischer Lokalpolitiker und in der Frage engagiert. „Viele Paare fahren zu dem Zweck ins Ausland, auch heterosexuelle. Wenn die Kinder heimkommen, fallen sie in ein soziales und juristisches Vakuum“, sagt der Vater, der Alwina vorerst als Ziehtochter verhätschelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2011)

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