Heim und Ausbildung für Obdachlose und Arme

(c) Erich Kocina
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„Presse“-Weihnachtsaktion: Hunderte Kinder in Rumänien werden von ihren Familien vernachlässigt, viele leben auf der Straße. Pater Sporschills Hilfsorganisation „Concordia“ will ihnen eine Chance geben.

Bukarest. „Nenn mich Bruce Lee.“ Gerade erst ist er zwischen zwei Rohren hervorgekrochen, nun steht er mit nacktem Oberkörper da und deutet auf einen engen Korridor. Mit Brettern, Pappe und alten Kleidungsstücken hat sich der junge Mann hier ein Heim eingerichtet. Hier, das ist rund drei Meter unter der Oberfläche, im Kanalnetz von Bukarest. Bis zu neun Obdachlose übernachten in diesem Schacht, schützen sich zwischen Fernheizungsrohren vor der Kälte. Rund um den Bukarester Nordbahnhof gibt es einige solcher Kanalschächte, in denen sich Obdachlose eingerichtet haben – auch viele Kinder sind darunter.
Sie sind aus ihren verwahrlosten Familien ausgerissen oder haben überhaupt niemanden. Wie viele Kinder in Rumänien auf der Straße leben, darüber gibt es unterschiedliche Schätzungen – aber es sind jedenfalls immer noch mehrere Hundert. Ihnen zumindest eine warme Mahlzeit zu geben, ein Dach über dem Kopf oder sogar die Chance, von der Straße wegzukommen, das ist seit fast 20 Jahren das Ziel der Hilfsorganisation Concordia, die der Vorarlberger Jesuitenpater Georg Sporschill Anfang 1992 ins Leben rief.
Es begann mit einem kleinen Haus nahe dem Bahnhof, in dem Kinder versorgt werden konnten. Und aus dem Projekt, das zunächst nur für einige Monate geplant war, wurde eine Lebensaufgabe. Denn nach und nach wurde klar, wie viel mehr Hilfe nötig war. In einer ehemaligen Kolchose 80 Kilometer nördlich von Bukarest bauten die Helfer eine Farm mit Bäckerei und Wohnhäusern auf, in der rund 100 Kinder betreut werden können. 2002 folgte in der Stadt Ploiesti die „Stadt der Kinder“. 96 Kinder werden hier betreut, haben die Chance, eine Ausbildung zu machen – und haben mit Concordia eine neue Familie gefunden.

Nicht nur Straßenkinder

Für Dana ist das ganz selbstverständlich. Die 11-Jährige lebt in der „Stadt der Kinder“ seit zehn Jahren. Ihre Mutter hatte sich nicht um sie gekümmert, schließlich wurden die Helfer auf sie aufmerksam – denn längst ging es nicht mehr nur um Straßenkinder, sondern auch um Kinder aus zerrütteten Familien, die Hilfe brauchten. Und auch bekamen.
Heute steht Dana in einer rumänischen Tracht lächelnd auf dem Spielplatz des Kinderzentrums. Sie darf die Schule in Ploiesti besuchen, wird danach vielleicht direkt bei Concordia einen Beruf erlernen – etwa in der angeschlossenen Bäckerei. Aber vielleicht kann sie auch mit ihrer großen Leidenschaft durchstarten: Dana hat in der Concordia-Musikschule Violine spielen gelernt. Trommeln, Blasmusik, Chor – die Musik spielt eine wichtige Rolle für die Concordia-Kinder. Sie gibt ihnen Selbstvertrauen, schafft Gemeinschaft und ist für viele auch eine Art Therapie, mit der sie Traumata besser verarbeiten können.
Mehr als 1000 Kinder betreut Concordia – nicht nur in Rumänien, auch in Moldawien und Bulgarien ist man aktiv. Bedarf an Hilfe besteht nach wie vor. In einem alten Pfarrheim in Ploiesti soll bald ein neues Tageszentrum entstehen. Vor allem Kinder aus Roma-Familien sollen hier betreut werden – denn viele Eltern zeigen kein Interesse, ihre Kinder in die Schule zu schicken, sondern bringen sie lieber zum Betteln oder Stehlen.
Mit Kleidung, Essen und Betreuung nach dem Unterricht sollen die Kinder motiviert werden, in die Schule zu gehen. Und so aus dem Teufelskreis aus fehlender Ausbildung und schlechten Berufschancen auszubrechen. Und natürlich müssen die Eltern davon überzeugt werden, dass nur Bildung ein Ausweg aus der Armut ist. Ausbildung ist auch der Schwerpunkt, den Concordia verstärkt setzen will, um armen Kindern eine Chance zu geben. Seien das nun die Roma in Ploiesti oder die Straßenkinder in Bukarest.

„Die Presse“ hat ein Konto eingerichtet, auf das Sie eine Spende für Concordia überweisen können. Ein Zahlschein liegt dieser Ausgabe bei.

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