Bis Freitagabend wurde in Durban um ein verbindliches Abkommen zur Reduktion von Treibhausgasen gerungen. An einen Kompromiss glaubte zuletzt kaum jemand.
Durban/Apa/Reuters. Am Ende sollte es der genius loci richten: Als sich im offiziellen Rahmen der UN-Klimakonferenz in Durban auch in der Endphase keine Einigung über ein international verpflichtendes Abkommen abzeichnete und die Konferenz vor dem Scheitern stand, riefen die südafrikanischen Gastgeber in der Nacht auf Freitag die anwesenden Minister zur „Indaba“, wie die traditionellen Gesprächsrunden in der Zulu-Sprache heißen.
Zu den Spielregeln einer Indaba gehört unter anderem die Bereitschaft zum Kompromiss, und die war auch am Freitag, dem letzten Konferenztag, nicht bei allen Teilnehmern erkennbar – vor allem nicht bei jenen, auf die es ankommt: Die Top-Treibhausgas-Emittenten China (23,7 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes) und die USA (17,9 Prozent), sowie Indien, Russland und Kanada standen bis zuletzt auf der Bremse.
Europäer zunehmend frustriert
Auf der anderen Seite ist es das Ziel der EU, bis 2015 einen verbindlichen Klimavertrag unter Dach und Fach zu bekommen, der 2020 in Kraft treten soll. Ihm sollen sich gerade auch jene Staaten anschließen, die beim 2012 auslaufenden Kyoto-Protokoll noch außen vor blieben, sei es, weil sie es wie die USA nicht unterzeichneten, sei es, weil dort nur für Industrieländer Klimaschutz-Auflagen enthalten waren. Zumindest einen Fahrplan, der zu diesem Abkommen führen soll, hätten die Europäer in Durban gerne festgezurrt.
Die zunehmende Frustration der Europäer wurde Freitagmorgen besonders beim Auftritt der Dänin Connie Hedegard deutlich, ihres Zeichens Klimakommissarin der EU: „Der Erfolg oder das Scheitern von Durban hängt an einer kleinen Zahl von Ländern“, sagte Hedegard, die davor warnt, die Verhandlungen immer weiter in die Länge zu ziehen: „Was ist, wenn wir uns 2017 nicht einigen? Wir würden sagen: ,Oh wie schade, dann verhandeln wir eben noch ein paar Jahre‘.“ So viel Zeit habe man aber nicht.
Immerhin konnte Hedegard einen kleinen Etappenerfolg vermelden: Brasilien und das Gastgeberland Südafrika, zwei Schwellenländer mit rasch steigenden Emissionen, hätten ihre Position geändert und würden nun bindende Kürzungen des Treibhausgas-Ausstoßes unterstützen.
Auch Streit um Klimafonds
Die USA verweisen auf Peking: Man sei zwar prinzipiell zu einer verbindlichen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bereit – aber nur, wenn China und andere Schwellenländer vergleichbare Verpflichtungen eingehen würden. Jene Länder wiederum verschanzen sich hinter ihrem alten Argument, es wäre unfair, wenn sie die gleiche Last zu tragen hätten wie die Industrieländer, die die Hauptschuld am Klimawandel trügen.
Auch beim zweiten großen Thema spießte es sich, dem eigentlich schon 2009 in Kopenhagen im Grundsatz beschlossenen Klimafonds. Er soll den durch Fluten und Dürren besonders vom Klimawandel betroffenen Entwicklungsländern unter die Arme greifen. Nun wurde aber bis zuletzt um die Finanzierung gerungen und darum, in welche Projekte die von den Industrieländern ab 2020 bereitzustellenden 100 Milliarden Dollar jährlich überhaupt fließen sollen.
Auch der Standort der dafür zuständigen Behörde war strittig. Deutschlands Umweltminister Norbert Röttgen machte in Durban deutlich, dass sein Land „den Grünen Klimafonds beherbergen möchte“. Ein Argument, lieferte er gleich mit: Röttgen stellte eine Anschubzahlung von 40 Millionen Euro in Aussicht. Südafrika hat in der Endphase der Konferenz besonders die Gespräche über den Fonds forciert – um zumindest ein belastbares Ergebnis vorweisen zu können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)