Israel: Gewalt gegen Flüchtlinge aus Afrika

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Symbolbild(c) EPA (ABIR SULTAN)
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In Tel Aviv sorgt die Zunahme von afrikanischen Migranten für Unmut. Rund tausend Israelis demonstrierten am Mittwochabend. Die Regierung will in nächster Zeit 700 Familien in ihre Heimatländer abschieben.

Jerusalem/Tel aviv. Die Leute in dem Tel Aviver Wohnviertel HaTikwa sind sauer. Frauen und Kinder trauten sich nicht allein auf die Straße, so sagen sie, aus Angst vor den afrikanischen Flüchtlingen in der Gegend. Rund tausend Israelis demonstrierten am Mittwochabend, unterstützt von mehreren Knessetabgeordneten aus dem rechten Parteienlager. „Dies ist nicht Afrika“, stand auf einem der Plakate und: „Hört auf zu reden, schmeißt sie raus“. Mülleimer brannten und mehrere Schaufenster wurden eingeschlagen.

Der Zorn der Israelis über die rasch wachsende Gruppe der Flüchtlinge erhitzte sich zusätzlich, als letzte Woche eine 19-jährige Frau mehrmals brutal vergewaltigt wurde. Täter sind offenbar vier Männer aus Eritrea. Aharon Eksol, Polizeichef in Tel Aviv, bestätigte, dass in den letzten Monaten die Zahl der von Ausländern begangenen Verbrechen stark zugenommen habe.

Statt die aufgeregten Anwohner zu beschwichtigten, hetzten die Politiker bei der Demonstration am Mittwochabend die Menge nur noch weiter auf. Die illegalen Einwanderer seien „ein Krebsgeschwür in unserem Körper“, sagte die Likud-Abgeordnete Miri Regev und versprach, „alles zu unternehmen, um sie dorthin zurückzubringen, wo sie hingehören“. Man soll nicht länger ein Blatt vor den Mund nehmen, sondern offen über die sofortige Abschiebung reden, stimmte auch ihr Parteifreund Danny Danon zu.

„Sudan ist kein Kriegsland mehr“

Die Regierung bereitet derzeit die Abschiebung von 700 Familien vor. Im Gespräch ist zudem ein Gesetzesentwurf, der eine Größenordnung von 30.000 Menschen im ersten Jahr und 50.000 Menschen im Folgejahr für die Abschiebung vorsieht. Derzeit sollen sich rund 70.000 illegal eingewanderte Flüchtlinge in Israel aufhalten. „Sudan ist kein Kriegsland mehr“, rechtfertigte Mosche Ayalon, Minister für Strategische Angelegenheiten, die Abschiebungen.

Noch in diesem Jahr soll der Zaun im ägyptisch-israelischen Grenzgebiet fertiggestellt sein, um das Eindringen illegaler Einwanderer zu unterbinden. Außerdem ist derzeit eine Haftanlage im Bau, die Platz für rund 10.000 Menschen schaffe. Die Flüchtlinge sollen dort solange festgehalten werden, bis sie in ihre Heimatländer zurückreisen können.

Einzig Polizeigeneralinspektor Jochanan Danino schlug vor, die Flüchtlinge mit Papieren auszustatten und arbeiten zu lassen. Nur so seien sie nicht länger gezwungen, sich das zu stehlen, was sie zum Leben brauchen. Danino brachte damit die Kritiker gegen sich auf. Innenminister Eli Ischai von der Schass-Partei nannte den Vorschlag des Polizeichefs, „eine schreckliche Botschaft“, die sicher „eine Million weitere Flüchtlinge“ nach Israel bringen werde. Ein Land, das keine illegalen Einwanderer wolle, könne ihnen auch keine Arbeitserlaubnis erteilen. Die Tageszeitung „Maariw“ bezeichnete Danino hingegen als „den einzigen weisen Mann innerhalb der xenophoben Regierungskreise“.

Zeit des Willkommens ist vorbei

Hauptanziehungspunkte für die Flüchtlinge sind Tel Aviv, Eilat, Ashdod und Ashkelon. Einige Sudanesen ließen sich jüngst in dem arabischen Dorf Manda, östlich von Haifa, nieder. Auch dort wird das Anwachsen der Gruppe mit Besorgnis beobachtet.

„Als die ersten Flüchtlinge ankamen und Arbeit fanden, hießen wir sie willkommen“, so zitiert die liberale Zeitung „Haaretz“ den Imam des Dorfes, Scheich Mohammed Nimr. „Aber aus ein paar Dutzend sind inzwischen einige hundert geworden.“

Auf einen Blick

Israels Regierung bereitet derzeit die Abschiebung von 700 Familien vor. Im Gespräch ist auch ein Gesetzesentwurf, der vorsieht, im ersten Jahr rund 30.000 Menschen und im Folgejahr 50.000 Menschen des Landes zu verweisen. Derzeit sollen sich rund 70.000 illegal eingewanderte Flüchtlinge in Israel aufhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2012)

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