Wien: Ritz – ein Geisterhotel erwacht zum Leben

(c) APA/THE RITZ-CARLTON, VIENNA (THE RITZ-CARLTON, VIENNA)
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Emsig und gespannt bereiteten hunderte Mitarbeiter die Eröffnung des Ritz-Carlton vor. Seit Montag ist Wien um ein Tophotel reicher. Das Haus, das einst ein Shangri-La werden sollte und lange leer stand, sperrt auf.

Wien. Das schwarze Tuch, das eineinhalb Jahre den Schriftzug über dem Portal verhüllt hat, ist weg. Auch die Männer, die stets in der dunklen, gespenstisch leeren Lobby Wache gehalten haben, sind nicht mehr einsam. Spaziert man dieser Tage den Schubertring entlang, ist es nicht zu übersehen: Das Geisterhotel, das Doch-nicht-Shangri-La, erwacht zum Leben.

Donnerstagvormittag poliert ein Arbeiter noch ein Mal den Schriftzug: „The Ritz-Carlton“ steht darauf. Emsig laufen Frauen und Männer in Kostüm und Anzug durch das Hotel, sitzen in Grüppchen zusammen. Zumindest einer sticht fast immer heraus, trägt einen weißen Arztkittel, auf dem Rücken die Aufschrift „Ask Me“. Es sind dies die 80 Trainer, die aus aller Welt, aus allen Abteilungen des Konzerns, angereist sind, um dem Personal, 185 Mitarbeiter sind es, die bisher für das Wiener Ritz eingestellt wurden, die Philosophie der Kette, ihre Regeln und Gepflogenheiten, einzuprägen.



„Der Neun-Tage-Countdown zur Eröffnung läuft“, erklärt Silvia Kahler, die sich bei Wiens neuestem Hotel um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Neun Tage, in denen hunderte Mitarbeiter von sieben Uhr früh bis spätnachts durch das Haus laufen. Bis Montagfrüh, wenn die ersten Gäste einchecken. 20 hätten bisher ein Zimmer für den ersten Tag reserviert, die Buchungen laufen „sehr gut“. 202 Zimmer, davon 43 Suiten, gibt es in dem Hotel, das aus vier alten Palais aus dem 19. Jahrhundert besteht.

Auch die Präsidentensuite sei kurz nach der Eröffnung schon gebucht. Wer kommt? Das ist freilich Geheimsache, sagt Kahler und führt durch die Suite. 190 m2 für 6500 Euro pro Nacht (Standardzimmer kosten 550 Euro), schusssichere Fenster für Staatsgäste, Ankleidezimmer, Salon, Arbeitszimmer. Das Bad geräumig, eleganter schwarz-weißer Marmor. Das Bett, wohl eines der teuersten Hotelbetten der Stadt, mit rotem ledernen Bettkopf, daneben ein zeitgenössisches Gemälde, es erinnert an Kirschen. Die Wandverkleidungen oder Deckenfresken stammen aus dem 19. Jahrhundert.

Drei Themen hat sich das Innenarchitektenteam um Peter Silling für das Ritz überlegt: Pferde (wegen der Fiaker oder der Lipizzaner), Ringe (die Lage am Ring), Blätter (die Bäume am Ring). Das soll dem Kettenhotel Lokalkolorit verleihen. Ebenso wie die bodenständige, wienerische Küche, die Wini Brugger im Restaurant „Dstrikt“ auftischen will. Oder der Strudel-Bellini, quasi ein Cocktail gewordener Apfelstrudel, der in der Dachterrassen-Bar „Atmosphere“ serviert wird.

Ausgewählte Gäste können den in zwei Wochen probieren, wenn das Ritz zur Eröffnungsparty lädt. Dafür holt der Konzern Top-Prominenz nach Wien: Schauspielerin Liz Hurley übernimmt die Moderation, auf der Dachterrasse wird Soulsängerin Joss Stone auftreten, Burlesque-Star Dita Von Teese wird im Restaurant tanzen, zu später Stunde soll Keith Richards Tochter Alexandra als DJane in der „D-bar“ auflegen.

Eine Party, die das Ende der gut anderthalbjährigen Ära des Geisterhotels am Ring markiert. 2011 sollte das Hotel als Shangri-La eröffnen, die asiatische Kette hat im Februar 2011 überraschend auf die Übernahme verzichtet. Die BAI, damals Eigentümerin, geht nun gerichtlich gegen Shangri-La vor. Schließlich hat die kasachische Investmentgruppe Verny Capital das Hotel um mehr als 120 Mio. Euro gekauft und Ritz-Carlton als Betreiber gewonnen.

Üben, wie man Gäste erträgt

Erst war die Eröffnung für früher in diesem Jahr angekündigt, Kahler spricht heute von „extrem wenig“ Vorlaufzeit. Trotz der Eröffnung Ende August, das Ritz ist den übrigen Top-Hotels, die in Wien eröffnen werden, voraus: Im Palais Hansen entsteht ein Hotel Kempinski, das 2013 aufsperren soll, 2014 soll das Park Hyatt Am Hof fertig sein, noch heuer eröffnen soll ein Hotel Sans Soucis in der Museumstraße. Das sind nur die prominentesten der Projekte, die derzeit für einen unvergleichlichen Boom sorgen. Und für Angst vor einem harten Preiskampf, einer Blase und einem Sterben kleinerer, inhabergeführter Hotels.

„Es wird natürlich schwierig“, sagt Kahler zur wachen Konkurrenz. Das Ritz wolle sich durch Service abheben. Mit eigenen Spielregeln und Tricks, die unzählige Trainer dieser Tage vermitteln. Wie man blitzschnell den Namen eines Gastes herausfindet, der die Lobby betritt, wie man sich die vielen Namen merkt, um jeden Gast persönlich anzusprechen. Dass selbst Manager Gästen stets Hilfe anbieten. Oder, wie man lästige Gäste erträgt. Und so sitzen in der Club Lounge, die für die anspruchsvollsten Gäste, die für Extra-Service 125 Euro am Tag zahlen, bereitsteht, dieser Tage künftige Kellner, lachen, spielen lautstark Szenen aufwendiger Bestellungen mühsamer Gäste nach. Und üben kurz vor Start, wie man stets freundlich bleibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2012)

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