Reaktionen: "Brutale Räumung", "Zerstörung"

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SOS Mitmensch und die Wiener Caritas verurteilen die Polizeiaktion. Die FPÖ kritisiert die Caritas, die Grünen hingegen die Regierung.

Neben dem Fehlen einer Genehmigung durch die Stadt Wien begründete die Polizei die Räumung des Flüchtlingscamps vor der Wiener Votivkirche auch damit, dass sämtliche Versuche, die Verantwortlichen zu einem selbstständigen Abbau des Zeltlagers und "Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu bewegen", im Sand verlaufen seien. Anzeigen wegen des Campierverbots und anderer Rechtsmaterien sowie Identitätsfeststellungen hätten die Aktivisten zu keinem Umdenken gebracht, hieß es in einer Aussendung der Wiener Polizei.

Darüber hinaus habe es Vorfälle von gegenseitiger Körperverletzung, Behinderung von Passanten beim Durchqueren des Parks, massiver Bettelei und sogar Anzeigen wegen Herabwürdigung religiöser Lehren und Stören der Religionsausübung am Heiligen Abend gegeben. "Um weiteren Missständen und Übertretungen verschiedener Rechtsnormen vorzubeugen, wurden daher die Zelte und die im Rahmen des Camps betriebenen Einrichtungen abgebaut", begründete die Polizei ihr Einschreiten.

Räumung "unerwartet und überraschend"

Die erste Reaktion der Wiener Caritas: "Um ca. 4.20 Uhr wurden wir von Flüchtlingen und Unterstützern informiert, dass die Polizei das Camp im Sigmund Freud Park räumt. Die Caritas Mitarbeiterin, die Nachtdienst in der Votivkirche machte, öffnete sofort für zwei Schutzsuchende aus dem Camp die Kirche. Diese Aktion der Polizei kam für uns völlig unerwartet und überraschend", berichtet Pressesprecher Klaus Schwertner. Aktuell befinden sich in der Kirche rund 35 bis 40 Flüchtlinge, ca. 14 davon weiterhin im Hungerstreik. "Die Caritas wird weiterhin Seite an Seite mit den verzweifelten Flüchtlingen stehen, die Betreuung in der Votivkirche gemeinsam mit den Johannitern übernehmen und ihnen Schutz geben", so Schwertner. Jetzt wird es wichtig sein, dass es rasch zu nachhaltigen Verbesserungen für Flüchtlinge kommt. Hier ist aus Sicht der Caritas die Politik gefordert.

SOS Mitmensch: "Brutale Räumung"

SOS Mitmensch verurteilte die Polizeiaktion und sprach von einer "brutalen Räumung" des Camps. "Mit der Zerstörung des Protestcamps wurde auch ein Stück Demokratie zerstört. Hier haben Menschen friedlich gegen die österreichische und europäische Abschiebepolitik protestiert. Es wurde ein Raum genutzt, der ansonsten im Winter vollkommen brach liegt. Für alle, die gehofft hatten, dass in Österreich eine demokratische Protestkultur möglich ist, ist die brutale Vorgehensweise der Polizei ein herber Schlag ins Gesicht", sagte SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak in einer Aussendung.

Er befürchtet, dass viele der gespendeten Zelte, Einrichtungsgegenstände und auch Teile der gespendeten Kleidung bei der Aktion zerstört wurden. Pollak äußerte auch den Verdacht, dass auf Zuruf der FPÖ gehandelt worden sei, weil die Räumung kurz nach Ablauf des "Räumungs-Ultimatums" der FPÖ durchgeführt worden sei. Auch die Organisatoren des Camps selbst beklagten in einer Aussendung, dass alle Zelte und das Inventar zerstört worden seien. Die Personen, die sich in den Zelten befanden, hätten sich vor diesen aufstellen müssen und seien "von allen Seiten fotografiert und gefilmt" worden.

Reaktionen von FPÖ, BZÖ und den Grünen

Die FPÖ hat am Freitag nach der Räumung des Asyl-Camps die Caritas, die in der Votivkirche Flüchtlinge betreut, attackiert. Deren Haltung sei "unverständlich", meinte FP-Generalsekretär Harald Vilimsky in einer Aussendung. Die Grünen wiederum kritisierten die Regierung: Diese sei unfähig, die wahren Probleme der Asylpolitik an der Wurzel zu packen, so Menschenrechtssprecherin Alev Korun.

Vilimsky forderte, auch die Flüchtlinge aus der Votivkirche zu entfernen. Anders als die Caritas ist die FPÖ nicht der Meinung, dass die dortigen Asylwerber Schutz benötigten. Vilimsky witterte vielmehr die Möglichkeit, dass mit Hilfe der Caritas für Menschen ohne Asylgrund "ein Bleiberecht erpresst" werden solle.

Korun sah mit der Entfernung des Zeltlagers keines der "Kernprobleme" gelöst, etwa mangelhafte Unterkünfte für Asylwerber oder das "Arbeitsverbot". Die Regierung ergehe sich in "naiver Symptombekämpfung", anstatt das Problem "an der Wurzel zu packen", kritisierte sie.

Für das BZÖ begrüßte Bündnissprecher Rainer Widmann die Räumung des Camps im Sigmund Freud Park. Damit habe man sich "linker Berufsdemonstranten aus dem Ausland" bzw. "linksradikaler Chaoten" entledigt, die versucht hätten, Druck auf Österreich auszuüben.

(APA)

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