Die "Asylcamper" setzen ihren Hungerstreik fort. Mit dem Innenministerium wird es keine Gespräche mehr geben, ein Polizeieinsatz ist nicht geplant.
Auch nach der Entscheidung der "Asylcamper", ihren Hungerstreik in der Votivkirche fortzusetzen, wird es seitens des Innenministeriums keine Gespräche mehr geben. Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) habe durch ihr Treffen mit Vertretern der Asylwerber und der Klarstellung, dass es keine strukturellen Änderungen im "sehr gut funktionierenden" österreichischen Asylwesen geben werde, einen "Schlusspunkt" gesetzt, hieß es aus dem Ministerium.
Gleichzeitig wird im Ministerium bedauert, dass die Asylwerber die Chance auf einen gesichtswahrenden, freiwilligen Ausstieg aus dem "Aktionismus" nicht wahrgenommen hätten. Ein Polizeieinsatz in der Kirche ist unverändert nicht in Planung, so lange die Asylwerber dort das Gastrecht des Eigentümers genössen. Käme es zu Problemen, sei die Polizei freilich gerne bereit zu helfen, stellte das Innenministerium klar.
Asylwerber von Caritas enttäuscht
Die Asylwerber haben sich zuvor von der Hilfsorganisation Caritas enttäuscht gezeigt. Konkret wurde bei einer Pressekonferenz in der Kirche kritisiert, dass der Wiener Caritasdirektor Michael Landau die Betroffenen aufgerufen habe, in die bereitgestellten Quartiere zu übersiedeln. Diese wollen jedoch weiter in der Kirche ausharren, bis ihre Forderungen erfüllt sind. Eine Einladung, sich an Ort und Stelle ein Bild von der Situation zu machen, erging auch an Bundespräsident Heinz Fischer. Die Caritas wies die Kritik gegenüber der Austria Presse Agentur zurück.
Aktuell schlafen laut der Unterstützerin Marissa Lobo rund 100 Asylsuchende in der Votivkirche, etwa 35 befinden sich in Hungerstreik - und wollen dies auch weiterhin bleiben. Drei Personen sind derzeit im Spital. Manche der Hungerstreikenden verweigern nun auch Wasser, verwies ein Beteiligter auf die verschärfte Situation. Caritas-Sprecher Klaus Schwertner spricht auf Twitter hingegen von nur rund 40 Menschen, die in der Kirche übernachtet hätten.
Treffen mit Mikl-Leitner ohne Folgen
Das gestrige Treffen mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) habe nichts bewegt, zeigten sich die Votivkirchen-Besetzer unzufrieden und pochten weiterhin auf ihre Forderung nach Änderungen im Asylwesen. Der Hungerstreik gehe weiter, da sich die Politik nicht mit den Forderungen auseinandersetze und kein Regierungsmitglied in die Votivkirche komme. Aus den bisher 13 Tagen Hungerstreik könnten Monate und Jahre werden, erklärte ein Asylsuchender. Gefordert wird unter anderem ein Abschiebestopp oder die Löschung von Fingerabdrücken.
Zwar waren die Betroffenen froh über die Vermittlerrolle der Caritas und auch darüber, dass das Gespräch überhaupt zustande gekommen sei. "Aber es hat nichts gebracht. Es gibt keine Bewegung", formulierte es ein einer von ihnen. Das einzige Ergebnis sei das erneute Angebot gewesen, in Heime zu übersiedeln. Man sei jedoch nicht für warme Quartiere hergekommen, sondern damit die Forderungen umgesetzt werden, hieß es.
Caritas: Asylwesen "verbesserungswürdig"
Caritas-Sprecher Klaus Schwertner hielt fest, dass auch aus Sicht der Caritas das österreichische Asylwesen verbesserungswürdig ist, etwa was die Grundversorgung oder die Arbeitserlaubnis betrifft.
Der private Sicherheitsdienst soll auf Wunsch der Asylwerber in der Votivkirche für die Sicherheit der Personen sorgen, wies Schwertner den heute geäußerten Kritikpunkt, die Kirche sei einem Lager ähnlich, zurück. Die Caritas wünsche sich, dass der Hungerstreik beendet wird, um bleibende Schäden zu verhindern. Das Quartier in der extrem kalten Kirche sei jedenfalls "nicht menschenwürdig", man wäre deshalb "froh" über eine Übersiedlung, so Schwertner.
"Runden Tisch früher ankündigen"
Sollte wieder ein runder Tisch stattfinden, pochen die Asylwerber auf eine rechtzeitige Bekanntgabe und darauf, dass dieser in der Votivkirche abgehalten wird. Hervorgehoben wurde bei der Pressekonferenz auch die Unterstützung aus der Zivilgesellschaft etwa mit Decken oder Lebensmitteln. Die Unterstützerin Lobo betonte, dass es sich um eine selbst organisierte Bewegung handelt, Berichte über eine Instrumentalisierung wies sie zurück. Auch die Hungerstreikenden erklärten, dies hätten sie nicht notwendig.
An die Politik wurde appelliert, sich ihrer "Krawatten und Jackets" zu entledigen und selbst in der Kirche zu übernachten - "damit sie wissen, wie es sich anfühlt als Asylwerber in Österreich". Ihre Forderungen richteten sie auch an Bundespräsident Fischer.
Gudenus will Besetzer anzeigen
In Bezug auf die Asylwerber in der Votivkirche ist den Wiener Freiheitlichen nun offenbar der Geduldsfaden gerissen. "Es reicht", polterte deren Klubchef Johann Gudenus am Donnerstag. Er kündigte via Aussendung an, Anzeige gegen die Betroffenen einzubringen. "Ihr Verhalten ist in mehrerer Hinsicht illegal", ortete der blaue Klubobmann eine Reihe von Delikten seitens der Asylwerber und ihrer Sympathisanten.
Die Verstöße reichten "von der Herabwürdigung religiöser Lehren und der Störung der Religionsausübung über die Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze und der Aufforderung zu mit Strafen bedrohten Handlungen und der Gutheißung derselben bis hin zur Nötigung", konkretisierte er. Es werde mit kriminellen Methoden versucht, die Politik zu erpressen. Gudenus appellierte an Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die Votivkirche räumen zu lassen.
UNHCR rät, Hungerstreik zu beenden
Auch das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR hat sich in der Causa Votivkirche zu Wort gemeldet. Die Organisation begrüßt den gestrigen Dialog der Innenministerin mit den Asylwerbern aus der Votivkirche und nimmt ihn zum Anlass, zu einem Ende ihres Hungerstreiks zu raten. Die individuelle Situation der Protestierenden in einem persönlichen Gespräch zu thematisieren, sei ein positives Zeichen, das hoffentlich zur Lösung dieser schwierigen Situation beitrage, meinte der Leiter der Wiener UNHCR-Stelle, Christoph Pinter, in einer Aussendung.
Er rief die Betroffenen deshalb dazu auf, ihre Gesundheit durch einen Hungerstreik nicht weiter zu gefährden. Gleichzeitig würdigte Pinter die Ankündigung Mikl-Leitners, Problemen bei der Unterbringung von Asylsuchenden in der Grundversorgung genau nachzugehen. Nach dem Quotendruck der letzten Monate, was die Beschaffung fehlender Quartiere angeht, sei es nun ein richtiger Schritt, das Augenmerk verstärkt auf die Qualität der Unterkünfte zu richten. Aus Sicht des UNHCR wäre dabei erforderlich, für ganz Österreich gültige Mindeststandards zu schaffen.
(APA)