Der Widerstand gegen die Pläne der Stadtregierung wächst. Die ÖVP will mit einer Petitionskampagne den Druck der Bezirksbewohner verstärken.
Wien. Der Widerstand gegen die Pläne der Stadtregierung, konkret der grünen Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, die Mariahilfer Straße in eine Fußgängerzone umzuwandeln, wächst. Nach dem Erfolg gegen die Parkpickerlausweitung mit mehr als 100.000 Unterschriften im vergangenen Jahr (über die sich die Stadtregierung letztlich hinweggesetzt hat) baut die Wiener ÖVP im Kampf gegen die Umwandlung der Mariahilfer Straße erneut auf die Aktivierung der Bürger und sammelt Unterschriften.
Als Hilfsmittel für diese Aktion dient diesmal ein erst Anfang Jänner im Landtag beschlossenes Instrument der direkten Demokratie, das Petitionsrecht. „Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, dass die Bevölkerung in der wichtigen Frage mitbestimmen kann und sich nicht mit vorgefertigten Konzepten abspeisen lassen muss, die mit niemandem abgestimmt sind“, sagt VP-Klubchef Fritz Aichinger, der auch Bezirksparteichef in Neubau ist, zur „Presse“.
Daher bekommen die Bewohner von Mariahilf und Neubau dieser Tage Post von der jeweiligen Bezirks-VP. Darin werden die Bürger aufgefordert, eine beiliegende Petition auszufüllen, zu unterzeichnen und an das VP-Bürgerservice zu schicken. Der Petitionstext lautet: „Über die geplante Neugestaltung der Mariahilfer Straße (Fußgängerzone, etc.) soll die gesamte Bezirksbevölkerung des 6. und 7. Wiener Gemeindebezirks befragt werden.“
Wenn 500 Unterschriften beisammen sind, wird die Petition beim Petitionsausschuss des Rathauses eingereicht werden. Dieser muss sich dann mit dem Thema befassen. Diese Petition wäre eine der ersten, die vom neu geschaffenen Ausschuss behandelt werden muss.
Derzeit läuft zwar eine von Vassilakou angeregte Befragung zur Zukunft der Mariahilfer Straße, konkret zu den Querungsmöglichkeiten. Deren Ergebnisse liegen Mittwoch nächster Woche vor. Dabei werden aber nur die Anwohner von zwei Straßenzügen befragt. „Bürgerbeteiligung sieht anders aus“, meint Aichinger. Die ÖVP hat vor etwa einem Jahr eine Umfrage in den zwei Bezirken gemacht, derzufolge sich 63 Prozent der Bewohner für die Beibehaltung des Status quo und damit gegen eine Fußgängerzone ausgesprochen haben. Dass dieses Ergebnis ignoriert wurde, ärgert Aichinger. Interessantes Detail: Auch die SPÖ, auf Stadtebene Koalitionspartner der Grünen, lehnt im Bezirk Neubau eine Befragung in Teilen ab und tritt für eine Bürgereinbindung im gesamten Bezirk ein.
Wiener Wirtschaft: Zwei Drittel dagegen
Die Wiener Wirtschaftskammer hat am Donnerstag eine Umfrage unter 9000 Betrieben in Mariahilf und Neubau (Rücklauf 13 Prozent) präsentiert. Demnach lehnen 67,5 Prozent der Befragten die vorgeschlagene Verkehrslösung mit Fahrverbot und autofreier Zone ab. Darüber hinaus stimmten 81 Prozent für die Beibehaltung aller Querungen für den Autoverkehr. „Viele Unternehmer fürchten negative Folgen für ihr Geschäft“, sagt Kammer-Chefin Brigitte Jank. Jank fordert angesichts der Umfrage, dass Stadt und Bezirke rasch ein Gesamtverkehrskonzept erarbeiten.
Wichtig für die Wirtschaft sei, dass der Lieferverkehr ganztägig möglich sein müsse. Auch eine ganztägige Zufahrt für Taxis und Reisebusse müsse gestattet sein. Laut Jank würde auch den Garagenbetreibern in der Mariahilfer Straße und in den Seitengassen die wirtschaftliche Basis entzogen, falls nur mehr Anrainer in der größten Einkaufsstraße Österreichs zufahren dürfen. Von der Aufhebung der Querungsmöglichkeiten seien nicht nur die Anrainer betroffen, sondern dies führe zu einem massiven Ausweichverkehr, so Jank.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2013)