Selbst die Frage, ob in Wien Wohnungsnot herrscht, ist strittig

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Statistiken. Wie viele Wohnungen entstehen jedes Jahr, wer braucht diese, und warum sind so viele Wiener auf Wohnungssuche?

Wien/Cim. Wien wächst. Tausende neue Wohnungen entstehen, und doch ist von Wohnungsnot die Rede, Wohnungssuche ist stets mühevoll. Schätzungen zufolge hegen jedes Jahr 80.000 Wiener (nicht Haushalte) den Wunsch nach einer neuen Bleibe, das lasse sich aus Daten des Wohnservice und der Marktforscher sagen, heißt es im Rathaus. Nicht alle aber setzen diesen Wunsch um – jährlich werden rund 50.000 neue Mietverträge abgeschlossen, die Hälfte der neuen Mieter zieht in einen geförderten Wohnbau. Fast acht von zehn Wienern leben zur Miete – ein hoher Anteil.

Derzeit entstehen in Wien jedes Jahr zwischen 5000 und 7000 geförderte Wohnungen, dazu kommen 1000 bis 1500 frei finanzierte. Letztere Zahl war schon einmal deutlich höher. Der Bedarf an Wohnraum dürfte sich deutlich erhöhen: Soll die Wiener Bevölkerung doch laut Prognose bis 2050 auf mehr als zwei Millionen Menschen wachsen. Im ersten Quartal 2013 zählte Wien 1.757.353 Bewohner, ein Jahr zuvor waren es 1.731.236.

Für den höheren Bedarf sorgt zum einen Zuzug, aber auch der Lebensstil: Mehr Menschen leben in Singlehaushalten (fast jeder zweite Haushalt in Wien, der Anteil steigt). Die Gesellschaft ist mobiler, Partnerschaften zerbrechen, neue Patchwork-Konstellationen suchen ein Heim, auch alte Menschen leben länger zuhause. Nicht zuletzt wachsen die Ansprüche: Hatte ein Wien-Bewohner in den 1970er-Jahren im Schnitt 25m2 Wohnfläche zur Verfügung, sind es aktuell 37 bis 38m2. Eine Umfrage unter Wohnungssuchenden ergab unlängst, dass diese nach etwa 45m2 pro Person suchen.

2015 könnten 6000 Wohnungen fehlen

Von Wohnungsnot könne noch keine Rede sein, heißt es aus dem Büro des Wohnbaustadtrats. Allerdings, EHL und Buwog haben jüngst in ihrem Wohnungsmarktbericht vor drohender Wohnungsnot gewarnt. Ebenso der Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen. Schon 2015 könnten 6000 Wohnungen fehlen, heißt es von der Buwog.

Aber immerhin gibt es in Wien noch eine Reserve. Dem Wohnungsmarktbericht zufolge stehen rund acht Prozent der knapp eine Million Wohnungen in Wien leer – aber nur drei Prozent stünden auch dem Markt zur Verfügung. Der Leerstandsanteil werde sich angesichts der Nachfrage verringern. In der Stadt berechnet man diese Zahlen anders: Knapp 50.000 Wohnungen, also fünf Prozent, stünden leer. Ein guter Wert, denn fiele die „Mobilitätsreserve“ unter drei Prozent, sei das kritisch, heißt es aus dem Büro Ludwig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2013)

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