Wien: Wohnungen stehen unnötig leer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Rund 400 Tage vergehen in Wien vom Tod eines Mieters bis zur Wiedervermietung einer städtischen Wohnung. Der „Rekord“ liegt sogar bei 1500 Tagen.

Wien. Dieser Bericht des Stadtrechnungshofes wird jene 30.000 Wiener empören, die derzeit ungeduldig auf eine (sozial geförderte) Wohnung der Stadt warten: Nach dem Tod eines Mieters dauert es im Extremfall bis zu 1500 Tage, also vier Jahre, bis das Mietverhältnis von Wiener Wohnen überhaupt aufgelöst wird. Dann erst kann begonnen werden, die Wohnung für einen neuen Mieter aufzubereiten – was ebenfalls dauert. Anders formuliert: Bei Wiener Wohnen (220.000 Wohnungen) stehen im Durchschnitt jährlich etwa 2500 Wohnungen nach Verlassenschaften leer. Die Wiedervermietung geht viel zu langsam, im Durchschnitt dauert es 200 Tage, also länger als ein halbes Jahr, bis der Mietvertrag eines Verstorbenen gelöst wird. Dann dauert es ebenfalls (durchschnittlich) 200 Tage, bis die Wohnung wieder vermietet ist.

Vom Tod eines Mieters bis zum Einzug eines neuen von der Warteliste vergehen also 400 Tage, kritisiert der Stadtrechnungshof sinngemäß. Die Prüfer orten dabei organisatorische und betriebswirtschaftliche Mängel. Immerhin kostet es Wiener Wohnen auch Geld (Stichwort: fehlende Mieteinnahmen), wenn eine Wohnung unnötig leer steht. Wie hoch dieser Betrag ist, hat der Stadtrechnungshof (er hat sich die Verlassenschaften von 2010 bis 2012 angesehen) allerdings nicht berechnet.

Dass es bei der Verwaltung von Wiener Wohnen eine gewisse – salopp formuliert – Schlampigkeit geben dürfte, sieht man nicht nur daran, dass in einem Fall ein Akt neun Monate lang nicht bearbeitet wurde. Es zeigte sich auch bei der Übermittlung der Daten an den Stadtrechnungshof. Demnach würden einige Wohnungen laut den von Wiener Wohnen übermittelten Daten seit rund 110 Jahren leer stehen, hielten die Prüfer fest – die Daten mussten nochmals korrigiert werden, um eine Prüfung überhaupt durchführen zu können.

Viele Schlampereien

Dass die Wiedervermietung von Gemeindewohnungen bei guter Organisation durchaus schnell gehen kann, hielt der Stadtrechnungshof anhand von Einzelfällen fest. Bei manchen Wohnungen wurde der Mietvertrag mit dem verstorbenen Mieter noch am Tag der Todesanzeige gelöst.

Wiener Wohnen rechtfertigt die langen Leerstandsdauern unter anderem auch damit, dass man von den Hinterbliebenen nicht zeitnah vom Tod des Mieters informiert werde. Daher könne man oft nicht schneller handeln.

Neben der langen Zeit bis zur Wiedervermietung fanden die Prüfer aber auch noch einige weitere Schlampereien. So wurde etwa dem Sohn einer verstorbenen Mieterin, der in den Mietvertrag eintrat, 7000 Euro Ablöse für neue Stromleitungen bezahlt – obwohl darauf kein rechtlicher Anspruch existierte und die Mieterin Schulden hinterlassen hatte. Wiener Wohnen gab daraufhin zu, es hätte leider eine Fehlbuchung gegeben – der Anspruch würde aber aus rechtlichen Gründen bestehen.

Wenig schmeichelhaft fiel der Test des Wiener-Wohnen-Kundenzentrums aus. Dort würde ein und derselbe Fall völlig unterschiedlich gehandhabt, hält der Stadtrechnungshof fest. Und diese Handhabung würde „teilweise an der Realität vorbeigehen“. Wiener Wohnen kündigte daraufhin an, diesen Prozess zu verbessern.

All das kann aber nicht überdecken, dass Wiener Wohnen – laut ihrer eigenen Vorschrift – spätestens zwölf Wochen nach dem Tod des Mieters die Kündigung bei Gericht einbringen muss, um die Wohnung wieder schnell vermieten zu können. Und das ist laut Prüfer offenbar in keinem einzigen Fall passiert.

Wiener Wohnen kündigte nun an, seine Mitarbeiter entsprechend zu schulen und die Abläufe bei Verlassenschaften vom Tod eines Mieters bis zur Wiedervermietung zu überprüfen und zu optimieren – VP-Wohnbausprecher Norbert Walter dagegen fordert sofortige Maßnahmen, damit die Wiener auf den Wartelisten schneller zu einer Wohnung kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2014)

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