Ein Fall für den Volksanwalt? Neuer Schwerpunkt Baustellen

Archivbild: Volksanwalt Peter Fichtenbauer im Vorjahr
Archivbild: Volksanwalt Peter Fichtenbauer im VorjahrAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Volksanwalt Peter Fichtenbauer lässt zwei Wiener Sommerbaustellen wegen längerer Staus prüfen. Im "Presse"-Interview vermutet Planungsfehler der Stadtregierung.

Die Presse: Die Volksanwaltschaft prüft nach der Baustelle an der Westeinfahrt auch jene an der Gürtelbrücke. Sind Straßenbaustellen ein neuer Schwerpunkt der Volksanwaltschaft?

Peter Fichtenbauer: Es geht nicht darum, alle Baustellen zu prüfen. Aber ich habe mich entschlossen, amtswegig dort zu reagieren, wo offenkundig Probleme bestehen.


Was heißt „offenkundig"? Wie sind Sie darauf gestoßen?

Ich lese jeden Tag Zeitung. Da wurde in Flammenschrift über die Stauhölle berichtet. Das kann ja nicht alles erfunden sein.


Das Baustellenthema ist jeden Sommer in den Medien. Warum beschäftigt sich die Volksanwaltschaft ausgerechnet jetzt offensiv damit? Gab es eine Änderung der Agenda?

Das ist mein erster Sommer als Volksanwalt, und jeder Volksanwalt bringt eine subjektive Komponente in sein Amt ein. Mein Verständnis ist eben, dass man eine solche Atrozität, die Zigtausende betrifft, nicht schweigend hinnehmen darf. Natürlich sind Baustellen nötig, aber wenn Menschen eine Stunde in der Sommerhitze im Stau dunsten, darf man fragen: Muss das sein? Die Leute sind ja nicht dumm. Die merken, wenn bei der Steuerung der Baustelle, für die die Stadtverwaltung letztlich verantwortlich ist, etwas nicht stimmt.


Wer ist Ihrer Meinung nach an den Bausstellenproblemen in Wien schuld - die Stadt oder die Baufirmen?

Vermutlich ist es eine Mischung. Es kann zwar schon sein, dass Baufirmen mehr Auftragsvolumen übernehmen, als sie bewältigen können, aber die Stadt kennt die Kapazitäten der Firmen. Sie muss wissen, wem sie was gibt. Die Stadtverwaltung müsste die Baufirmen auch scharf kontrollieren. Ich war vor drei Wochen bei der Baustelle bei der Westeinfahrt, und da war kein einziger Bauarbeiter zu sehen. Vergangene Woche war ich bei der Gürtelbrücke, und da waren auch nicht gar so viele Bauarbeiter. Vielleicht bin ich naiv, aber wenn das verkehrstechnisch so sensible Bereiche sind, erwarte ich mir, dass dort mit Hochdruck gearbeitet wird.


Vielleicht musste ja der Belag trocknen. Wie hat man die Abwesenheit der Bauarbeiter erklärt?

Noch gar nicht. Ich habe Bürgermeister Häupl eine Vorhaltung, also eine Schilderung des Problems, übermittelt und rechne bis Ende Juli mit einer Antwort. Die Polizei hat bezüglich der Westeinfahrt jedenfalls bereits schwerwiegende Fehler bei der internen Kommunikation und Koordination zugegeben.


Warum haben Sie nicht an Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou geschrieben? Sie ist für Verkehr zuständig.

Die Volksanwaltschaft schreibt immer das oberste Verwaltungsorgan an. Er wird ihr das Schreiben schon weitergeben.


Die Volksanwaltschaft prüft derzeit nur Wiener Baustellen. Ist das Zufall, oder ist es in Wien besonders arg?

Wien ist einerseits ein Ballungsraum mit besonderen Herausforderungen, andererseits fällt es in unsere Zuständigkeit. Für Autobahnbaustellen der Asfinag sind wir gar nicht zuständig, da die Asfinag ein ausgegliederter Rechtsträger ist. Wobei sich die Volksanwaltschaft aktuell bemüht, dass man ihr auch hier verfassungsrechtliche Zuständigkeit einräumt. Die Parteien haben sich auch schon dazu bekannt.


Sie wurden von der FPÖ als Volksanwalt nominiert und prüfen Verkehrsprobleme der rot-grünen Wiener Regierung. Auch wenn Volksanwälte unabhängig sind: Könnte man darin eine schiefe Optik sehen?

Nicht im Allergeringsten. Wäre es eine blaue Stadtregierung, würde ich nicht anders handeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11. Juli 2014)

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