Justizgroteske: Diebin mit Fußfessel als Putzfrau im Gericht tätig

Diebin mit Fußfessel als Putzfrau im Gericht tätig
Diebin mit Fußfessel als Putzfrau im Gericht tätig APA/HERBERT PFARRHOFER
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Die Reinigungskraft ließ im Wiener Straflandesgericht prompt teures Parfüm und Geld aus der Kaffeekasse mitgehen. Die Frau hatte mit einem Generalschlüssel Zugang zu sämtlichen Büros.

Noch während die nachlässige Entsorgung brisanter Aktenteile in Altpapiercontainern vor dem Wiener Straflandesgericht für Kopfschütteln sorgt, ist am Dienstag eine weitere Justizgroteske bekannt geworden. Ausgerechnet eine vorbestrafte Diebin war im Vorjahr als Putzfrau im Grauen Haus beschäftigt, wo die Reinigungskraft prompt rückfällig wurde.

Frau hatte Generalschlüssel zu Büros

Die Raumpflegerinnen, die im Straflandesgericht und bei der Staatsanwaltschaft für Sauberkeit sorgen, werden von einer externen Firma beschäftigt. Die Reinigungskräfte verfügen über einen Generalschlüssel und haben damit Zutritt zu den Kanzleien sowie den Büros sämtlicher Richter und Staatsanwälte, wo sie aufräumen und die Ordnung wiederherstellen sollen.

Da sich auf den Schreibtischen mitunter Aktenberge mit sensiblen Daten türmen, wäre an sich zu erwarten, dass bei der Auswahl der Putzfrauen mit entsprechender Sorgfalt vorgegangen wird. Dass sich im Vorjahr eine rechtskräftig vorbestrafte Frau in ihren Dienstzimmern umtat, ahnte kein Richter und kein Staatsanwalt. Die Frau befand sich nur deshalb auf freiem Fuß, weil ihr anstelle einer Haftstrafe der elektronisch überwachte Hausarrest genehmigt worden war.

Fußfessel unter Kleidung nicht ersichtlich

Dass die Putzfrau unter ihrer Kleidung eine Fußfessel trug, war naturgemäß nicht ersichtlich. Obwohl die Bedienerin unter Überwachung stand, nutzte sie die Gelegenheit und beging weitere Diebstähle. Über einen Zeitraum von dreieinhalb Monaten ließ sie kleinere Geldbeträge mitgehen, indem sie etwa eine Kaffeekasse leerte. Einer Kanzleileiterin kam ein teures Parfüm abhanden. Abgesehen davon beschränkte sich die Frau auf alltägliche, nicht besonders wertvolle Gegenstände.

Zu unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt

Akten rührte sie nicht an. Stattdessen ließ sie regelmäßig Lebensmittel mitgehen, bis sie eines Tages beim Stehlen beobachtet wurde und aufflog. Vor wenigen Wochen ist sie dafür im Bezirksgericht Josefstadt zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Sollte dieses in Rechtskraft erwachsen, ist die Frau wohl keine Fußfessel-Kandidatin mehr. Die Reinigungsfirma, welche die Frau beschäftigt hatte, dürfte nach Informationen der APA von ihrem getrübten Vorleben vermutlich gar nichts gewusst haben. Die Vorstrafe soll unter die beschränkte Auskunftspflicht gefallen sein und war seitens der Betroffenen daher dem Dienstgeber nicht bekannt zu geben.

Auf Personalauswahl keinen Einfluss

Die Verträge mit den Reinigungsfirmen, die in den Wiener Gerichtsgebäuden für Sauberkeit sorgen, werden vom Wiener Oberlandesgericht (OLG) abgeschlossen. Auf das Auswahl des Personals, das diese einsetzen, hat die Justiz allerdings keinen Einfluss. "Wir müssen darauf vertrauen, dass die Firmen keine Leute beschäftigen, die stehlen oder in den Akten herumstierln", meinte OLG-Sprecher Reinhard Hinger gegenüber der APA.

Dass Reinigungsdienste aus Kostengründen ausgelagert und externen Betrieben übertragen wurden, berge "ein gewisses Sicherheitsrisiko", räumte Hinger ein: "Die Privatisierung solcher Dienste führt dazu, dass die Justiz die Leute nicht so durchleuchten kann wie man das in hochsensiblen Bereichen vielleicht möchte." Dass die Putzfrau, die - mit einer Fußfessel versehen - im Grauen Haus trotz ihrer Vorstrafe Beschäftigung fand und das über Monate hinweg für weitere Diebstähle nutzte, kann der betroffenen Firma kaum zum Vorwurf gemacht werden. "Wenn ihre Vorstrafe unter die bedingte Auskunftspflicht fällt, ist sie nicht verpflichtet, ihren Dienstgeber zu informieren", bemerkte Hinger. Auch hinsichtlich des Tragens einer Fußfessel im Rahmen eines elektronisch überwachten Hausarrests gebe es keine Meldepflicht. Das würde dem Gedanken der Resozialisierung zuwiderlaufen, meinte Hinger.

(APA)

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