Das Kinosterben ist abgesagt

Filmcasino
FilmcasinoMichaela Bruckberger
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Das Filmcasino feiert 25. Geburtstag – und steht stellvertretend für viele kleine Kinos in Wien: Mit gehobener Filmware und neuen Programmschienen hält sich die Branche über Wasser.

Wien. Das sei ja „ein wunderschönes Kino“ war das Erste, was Florian David Fitz sprach, als man ihn am Donnerstagabend vor die dunkel verhüllte Leinwand bat, auf der wenig später sein neuer Film „Hin und weg“ seine Wien-Premiere feiern sollte. Schauspielkollegin Julia Koschitz war vor allem froh – darüber, dass man ihr Lieblingskino „nicht zu Tode renoviert“ hat.

Davon kann keine Rede sein. Denn auf den 1950er-Jahre-Charme ist man hier im Filmcasino in Margareten durchaus stolz. 1954 wurde das Kino, das erstmals 1911 als „Kinematographentheater“ eröffnete, komplett neu gestaltet und sieht trotz (vorsichtiger) Renovierungen immer noch ziemlich genauso aus wie damals.

Obwohl es also eines der ältesten Kinos der Stadt ist, feiert das Filmcasino morgen, Sonntag, erst seinen 25. Geburtstag (siehe Infobox): Gezählt wird nämlich ab 1989, als die Wiener Volkshochschulen hier den Kinobetrieb wieder aufnahmen. Davor hatte ein jugoslawischer Verein jahrelang die Räumlichkeiten genutzt, Tito-Verherrlichungs-Kitsch inklusive.

Im Jahr 25 steht das Filmcasino als eines der kleinen Programmkinos Wiens ganz gut da. „Unsere Besucherzahlen sind steigend“, sagt Betreiberin Sabine Hofmann. Auch in einer weiteren Institution, dem Stadtkino, das im Vorjahr vom Schwarzenbergplatz ins Künstlerhaus übersiedelt ist, verzeichnet man ein Besucherplus, großen Anteil habe Regisseur Ulrich Seidl mit seiner „Paradies“-Trilogie und derzeit mit „Im Keller“. „Die Kinos“, sagt Stadtkino-Chef Claus Philipp, „sollten sich die Situation nicht schlechter reden lassen, als sie ist.“

Rein statistisch hat sich die Lage nicht verschlechtert, das Kinosterben der vergangenen Jahre scheint vorläufig gestoppt: Seit der Schließung des Gloriette im Jahr 2012 hält sich die Zahl der Wiener Kinos konstant bei 27. In den Jahren davor sah es anders aus: Von 2001 bis 2011 hat sich die Kinozahl von 38 auf 28 dezimiert.

27 Kinos klingt für eine Millionenstadt nach nicht viel. Dennoch, sagt Philipp, stehe Wien, was die qualitätvolle Programmierung der Kinosäle betreffe, „im deutschsprachigen, wenn nicht im gesamteuropäischen Vergleich“ sehr gut da.

Fast alle Kinos haben die teure Umstellung auf digitale Filme (statt der 35-mm-Filmrollen) dank Förderungen mitgemacht – und überstanden. „In Summe geht es der Branche nicht schlecht“, sagt auch Christian Dörfler, Betreiber des Haydn-Kinos und Präsident des Verbandes der Wiener Lichtspieltheater. Wobei, sagt Dörfler, die finanzielle Situation in so manchem Betrieb durchaus angespannt sei.

Hofmann vom Filmcasino sieht das ähnlich. „Gute Filme und schönes Ambiente sind heute fast zu wenig.“ Viele Kinos hätten sich daher zusätzliche Attraktionen überlegt. Kleine Filmfestivals etwa, für die es zudem von der Stadt eine Sonderförderung gibt. Das Filmcasino setzt auf Premieren oder Programmschienen wie „Cinemama“: Einmal im Monat können Eltern ins Kino gehen, während ihr Nachwuchs im Foyer betreut wird. Das Admiral in der Burggasse versucht mit dem „Doggy Day“ (dabei darf der Hund mit in den Saal) und Publikumsgesprächen mit Filmemachern zu punkten. „Man muss zusätzliche Geschichten anbieten, mit denen man auf sich aufmerksam macht“, sagt Betreiberin Michaela Englert.

Insgesamt, sagt Dörfler, sei 2014 kein gutes Jahr gewesen. Die Fußball-WM im Juni habe vor allem den auf den Mainstream-Geschmack programmierten Kinos Einbußen gebrach. Zudem spüre man, sagt Englert, im Sommer die Konkurrenz der (großteils kostenlosen) Freiluftkinos.

Stadt erhöht Förderung

Die großen Kinos wiederum klagen, weil es heuer „wenig bis gar keine“ Blockbuster gegeben habe. Nächstes Jahr soll das anders werden: Mit dem neuen James Bond und „Star Wars 7“ „müsste „2015 ein absolutes Spitzenjahr werden“, so Dörfler. Auch für die kleinen Kinos gibt es gute Nachrichten: Die Stadt stockt die Standortförderung auf 156.000 Euro auf: Damit bekommt jedes Programmkino 12.000 statt bisher 10.000 Euro.

Dörflers Haydn-Kino freut sich trotz der unterdurchschnittlichen Filmware über 20 Prozent mehr Besucher, seit das Kino 2012 von drei auf vier Säle erweitert wurde. Die Konkurrenz fehlt Dörfler dennoch: Früher habe es entlang der Mariahilfer Straße sechs Kinos gegeben, heute ist nur noch sein Haydn übrig. „Früher war vor und nach der Vorstellung viel los, heute ist das anders. Der belebende Effekt der Kinos fehlt auch in der Stadt.“

AUF EINEN BLICK

Das Filmcasino (5., Margaretenstraße 78) feiert morgen, Sonntag, sein 25-Jahr-Jubiläum. Ab 12 Uhr gibt es im Foyer alte Filmplakate, Bücher und DVDs zu kaufen, bei freiem Eintritt werden drei Filme gezeigt: „Mary & Max“ (13 Uhr), „Dazed and Confused“ (15.30 Uhr) und „2001: A Space Odyssey“ (18.30 Uhr).

1989 wurde das Filmcasino am heutigen Standort wiedereröffnet. Bereits 1911 gab es an diesem Standort ein „Kinematographentheater“. Die Neugestaltung von 1954 ist heute noch in weiten Teilen erhalten.

www.filmcasino.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2014)

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