Wien: Der Kampf um den Dachausbau auf einem Barockhaus

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Bewohner des Hauses in der Schwertgasse 3 kämpfen gegen ein Bauvorhaben des Hauseigentümers.

Wien. Für die Bewohner der Schwertgasse3 geht es um viel. Der Eigentümer dieses Barockhauses will das Gebäude um Dachgeschoßwohnungen erweitern. Ein Vorhaben, das in der Innenstadt allerdings für ordentlichen Wirbel sorgt, schließlich sehen Gutachter, Mieter und mittlerweile auch Bezirkspolitiker erhebliche Probleme, wenn es um Fragen der Statik und des Denkmalschutzes geht. Einige Mieter wehren sich gegen den Ausbau ihres Hauses, sie haben sich zur Bürgerinitiative „Baujuwel Schwertgasse“ zusammengetan.

Projekt als „heiße Kartoffel“

Und, sie können nun einen ersten Erfolg verzeichnen: Eigentlich sollte heute, Mittwoch, der Bauausschuss im ersten Bezirk dieses Thema auf der Tagesordnung abarbeiten. Doch wurden die Pläne zum Umbau nun offenbar abgeändert. Eine Entscheidung im Bauausschuss ist in der heutigen Sitzung damit nicht möglich, wie man in der Stadt bestätigt. Aus der Bezirksvertretung heißt es, das Thema Schwertgasse stehe zwar nach wie vor auf der Tagesordnung – eine Entscheidung wird aber nicht fallen. Fest steht: Selbst im optimistischen Fall für die Bauwerber verzögert sich das umstrittene Projekt weiter.

Ganz neu ist das nicht: Entscheidungen wurden wieder und wieder aufgeschoben, mit dem Projekt Vertraute in der Stadt sprechen sogar schon von einer „heißen Kartoffel“, schließlich sei das Thema Barockbauten in der Innenstadt, deren Dachgeschoße zu Luxuswohnungen ausgebaut werden, mittlerweile sehr heikel.

Auch die Mieter der Schwertgasse3 argumentieren, nach den bisher vorliegenden Einreichplänen würde wertvolles Kulturgut vernichtet: Beispielsweise würde wohl der denkmalgeschützte, 300 Jahre alte Dachstuhl unter anderem neuen, großflächigen Dachfenstern weichen müssen. Auch der historische „Barockhimmel“ aus originalen Gesimsen müsste für den Ausbau wohl zerschlagen werden. Der projektierte Zubau von vier zusätzlichen Pawlatschen würde die geschützte Fassade massiv verändern. Und um den tonnenschweren Aufbau möglich zu machen, wäre auch ein Eingriff im Keller nötig, wofür womöglich mittelalterliches Mauerwerk angesägt werden müsste.

Allesamt Probleme, von denen sich die Mieter, die teils seit Jahrzehnten in dem Haus wohnen, unter Druck gesetzt fühlen. Sie bekämpfen das Projekt mithilfe ihrer Bürgerinitiative, aber auch auf zivilrechtlichem Weg: Walther Götlinger etwa hat gegen die Kündigung des Mietvertrages für einen Teil seiner Wohnung geklagt. Seit 1947 lebt er hier. Die bisherigen Pläne sahen vor, dass fortan ein Fluchtweg durch die Wohnung führen soll. Winfried Freund, Bewohner der obersten Etage, befürchtet, dass ein Dachaufbau auch massive Eingriffe in seinen Wohnraum bringen würde. Oder dass er im schlimmsten Fall sogar ganz ausziehen müsste.

Prozedere geht von vorn los

Schließlich werden leer gewordene Wohnungen seit Jahren nicht neu vergeben, das Haus steht mittlerweile zu einem Drittel leer. Auch die Fassade ist heute heruntergekommen, an der Bauplastik über dem Eingangstor hängen Plastikfetzen, eingeschlagene Scheiben im Parterre sind nur mit Brettern vernagelt. Zumindest einige Monate wird sich an dem Haus nun wohl nicht allzu viel ändern. Mit dem Vorliegen neuer Pläne geht das Prozedere aber wieder von vorn los: Der Bauausschuss des Bezirks entscheidet schließlich erst, wenn sich Baupolizei und Denkmalschutz mit diesen neuen Plänen befasst haben. (cim)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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