Wien: Prüfbericht kritisiert Spital Nord

DACHGLEICHE KRANKENHAUS NORD:
DACHGLEICHE KRANKENHAUS NORD:(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Eine Prüfung des Milliardenprojektes bestätigt: Es gibt Bauverzögerungen, Kostenüberschreitungen, dazu fehlen aktuell 300 Millionen Euro zur Ausfinanzierung.

Wien. Im Mai 2014 deckte „Die Presse“ Bauverzögerungen, Misswirtschaft und Kostenüberschreitungen bei der Errichtung des Milliardenprojektes Krankenhaus Nord auf. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely dementierte damals empört: Der Kostenrahmen werde natürlich halten, das Spital werde wie geplant 2016 in Vollbetrieb sein.

Nun ist es amtlich: Das Spital Wien-Nord wird 2016 nicht in Vollbetrieb gehen, der Kostenrahmen hält nicht. Das zeigt der Prüfbericht des Wiener Stadtrechnungshofes auf, der am Mittwoch veröffentlicht wurde. Und dieser Bericht zeigt auch weitere Punkte auf, die für Diskussion sorgen dürften.

Hält der Kostenrahmen?

Die Prüfer des städtischen Rechnungshofes sorgen sich um die Restfinanzierung des Milliardenprojektes. Fast 300 Millionen Euro fehlen noch zur Ausfinanzierung – die Stadt müsse nun eine entsprechenden Liquiditätsplan entwickeln, so die Forderung.

Aktuell werden die Gesamtkosten mit rund einer Milliarde Euro veranschlagt. Ob dieser Kostenrahmen hält, ist offen. Thomas Balazs, KAV-Direktor für Infrastruktur und Organisationsentwicklung, hatte vor wenigen Monaten von einer Kostenüberschreitung von max. fünf Prozent (ca. 50 Mio. Euro) gesprochen. Eine Passage in dem Prüfbericht lässt allerdings aufhorchen: „Betragsmäßig nicht enthalten (in der Kostenobergrenze für das Spital, Anm.) sind Investitionskosten des fremderrichteten Bauteils ,Mars‘“ sowie die Finanzierungskosten.

Im Klartext: Die Zinsen für die Kredite zur Errichtung des Spitals wurden nicht zu den Gesamtkosten des Spitals gerechnet. Der Kritik, dass dadurch nicht die wahren Kosten des Projektes abgebildet werden, kontert der KAV so: Es sei die Regel, dass Kreditzinsen für ein derartiges Projekt nicht zu den Projektkosten gezählt werden.

Interessant ist der zweite Punkt, das Projekt „Mars“. Architektonisch in das Spital Nord integriert, inhaltlich ergänzend zu dem Krankenhaus, wurde an der zentralen Piazza des Spitals ein Gesundheitszentrum mit 25.000 Quadratmetern Nutzfläche errichtet. Allerdings nicht vom KAV, sondern (überraschenderweise) von der städtischen Wohnbaugenossenschaft Gesiba. Deshalb argumentiert der KAV: Diese Kosten könnten nicht dem Spital Nord zugerechnet werden – die aktuellen Projektkosten (rund eine Milliarde Euro) würden eingehalten. Das Gesiba-Engagement erklärt man im KAV so: Man habe mit vielen Institutionen gesprochen, um ein „passendes Umfeld“ zum Spital Nord zu schaffen. Die Gesiba habe sich bereit erklärt, ein Gesundheitszentrum dort zu errichten.

Für die Opposition gehört das Gesundheitszentrum, dessen Kosten am Mittwoch nicht zu eruieren waren, zum Projekt Wien-Nord. Vor allem, da es von der städtischen Gesiba errichtet wird und direkt am Spital Nord angedockt ist. Und damit spricht die Opposition von einer Baukostenüberschreitung auf weit über eine Milliarde Euro – weil das Gesundheitszentrum nicht den Projektkosten zugerechnet wird. Der KAV dementiert: Die Projektkosten seien immer ohne Gesundheitszentrum gerechnet worden, weil das ein Projekt der Gesiba sei.

Es gibt aber nicht nur Diskussionen: Die Prüfer des städtischen Rechnungshofes stellen den Kontrollmechanismen, die das Projekt jetzt überwachen, ein gutes Zeugnis aus – obwohl es auch diverse (kleinere) Kritikpunkte gab. Der KAV und die Finanzabteilung der Stadt kündigten aber an, die Empfehlungen des Rechnungshofes umzusetzen.

AUF EINEN BLICK

Der Stadtrechnungshof hat das Milliardenprojekt Krankenhaus Nord geprüft. Damit sind seit Mittwoch Kostenüberschreitungen und Bauverzögerungen amtlich, über welche „Die Presse“ bereits im Mai 2014 berichtet hat. Auch sorgen sich die Prüfer um die Ausfinanzierung des Megaprojektes – 300 Mio. Euro müssen noch auf Schiene gebracht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2015)

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