Gemeindebau: Lebendige Erinnerung an das "Rote Wien"

Der Friedrich-Engels-Hof in Brigittenau: Waren die Gemeindebauten als
Der Friedrich-Engels-Hof in Brigittenau: Waren die Gemeindebauten als "Arbeiterburgen" verschrien, entwickelten sich die städtischen Wohnanlagen zu Merkmalen der Wiener Architektur.(c) Stanislav Jenis
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1920 wurde der erste Gemeindebau Wiens eröffnet - seit daher prägen die städtischen Wohnanlagen das Bild der Hauptstadt und stehen in der Tradition des "Roten Wiens" der Zwischenkriegszeit.

„Wenn wir einst nicht mehr sind, werden diese Steine für uns sprechen“, sagte Karl Seitz bei der Eröffnung des Karl-Marx-Hofes im Jahr 1930. Ob dem Bürgermeister des „Roten Wien“ bewusst war, wie wahr seine Worte werden sollten? Der Begriff des Gemeindebaus wurde über die Jahre zum Wiener Spezifikum - und die städtischen Bauten prägen die Stadt bis heute.

Jeder vierte Wiener lebt im Gemeindebau

Als bislang letzter Wiener Gemeindebau wurde 2004 das Haus Rößlergasse 15 in Liesing fertiggestellt. Mit 220.000 Gemeindewohnungen bezeichnet sich die Stadt Wien gern als "größte Hausverwaltung Europas": In 1800 Häusern leben eine halbe Million Menschen – und somit jeder vierte Wiener. Die Wohnanlagen werden von der Agentur „Wiener Wohnen“ verwaltet, einem Unternehmen der Stadt Wien.

Die Geschichte der Gemeindebauten geht aber sehr viel weiter zurück: Die elende Wohnungslage in Wien veranlasste die Stadtverwaltung des „Roten Wien“ nach dem Ersten Weltkrieg zum Bau städtischer Wohnhäuser. Der erste Gemeindebau wurde schließlich 1920 eröffnet – der Metzleinstaler Hof am Margaretengürtel. Die Zwischenkriegszeit war die Blütezeit der Gemeindebauten: Zwischen 1918 und 1934 errichtete die Stadtverwaltung 65.000 Gemeindewohnungen für 220.000 Wiener. Berühmte Höfe wie der der Karl-Marx-Hof, der Rabenhof oder der Victor-Adler-Hof entstanden. Der größte Gemeindebau der damaligen Zeit war der Sandleitenhof in Ottakring mit rund 1500 Wohnungen.

Gigantische Dimensionen in der Nachkriegszeit

Im nationalsozialistischen Wien wurden vor allem kleine, Baulücken füllende Häuser von der Stadt gebaut. Einige der Gemeindebauten waren im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden – allerdings wurde der gesamte Gemeindebaubestand nach dem Krieg wieder instandgesetzt. 1947 begannen die Bauarbeiten für die Per-Albin-Hansson-Siedlung West in Favoriten und damit das erste große städtische Wohnbauprojekt nach dem Krieg.

In den 1960er-Jahren kam die Phase der Hochhaussiedlungen mit gigantischen Dimensionen; der bis heute größte Wiener Gemeindebau, die „Wohnstadt“ Großfeldsiedlung mit 5533 Wohnungen, stammt aus dieser Zeit.

Die Problematik solcher Hochhausquartiere wurde bald zum Thema; die Stadt Wien konzentrierte sich aus deshalb in den letzten Jahren nicht auf den Neubau von Wohnanlagen, sondern beschränkte sich auf die Förderung und Sanierung von bestehenden Gebäuden. Zudem betrieb die Stadtverwaltung aktive Stadtplanung mit den Siedlungsprojekten Seestadt Aspern, Nordbahnhofareal und Sonnwendviertel.

(eup)

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