Ruster Reden: Die Wiener SPÖ und die „rot-rote“ Handschrift

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Wie wird der Wiener Wahlkampf? Die Genossen wurden im Burgenland vorsichtig auf eine Fortsetzung von Rot-Grün vorbereitet. Ansonst gilt: Im Zweifel war jedes Projekt der vergangenen fünf Jahre ein rotes.

Rust. Der erste Programmpunkt fiel gleich einmal aus. Werner Faymann fehlte in Rust. Dass die Rede des Bundeskanzlers nach den öffentlichen Spannungen zwischen dem Wiener Bürgermeister und dem Parteichef mit Spannung erwartet worden war, bewies (eher unfreiwillig) Michael Häupl. Er betonte, um Spekulationen vorzubeugen, gleich mehrmals, dass Faymann wirklich krank sei: „Es geht eam ned gut.“

Das Kapitel Steuerreform bestritt Häupl also allein. Er stellte zwar klar, dass mit dem Scheitern der Steuerreform auch die Regierung scheitern werde, vertrat aber insgesamt diesmal Faymann-kompatible Positionen: „Selbstverständlich bekenne ich mich zur Millionärssteuer“, betonte Häupl, der zuletzt ebendiese en passant verabschiedet hatte. Auch in Richtung Griechenland versandte er – im Einklang mit dem Bundes-SPÖ-Chef – dezente Grüße: Für die Troika seien die soziale Gerechtigkeit und das Auseinanderfallen der Gesellschaft keine Kategorie. Dabei sei Armutsbekämpfung ja auch ein demokratiepolitisches Ziel: „Armut frisst Demokratie.“

Wer hat's erfunden?

Was die kleinere Welt der Wiener Landespolitik betrifft, zeigte Eröffnungsredner Klubchef Rudolf Schicker, worum es im Wahlkampf gehen wird: Das Herausstreichen der „rot-roten Handschrift“ der Stadtregierung (Gratiskindergarten, Geriatriereform, Spitalsreform) gegenüber den grünen Projekten (Mariahilfer Straße, Parkpickerlausweitung), die – laut der nicht ungeschickten Argumentation Schickers – auch deshalb überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten hätten, weil sie eben nicht reibungslos funktioniert hätten.

Michael Häupl formulierte es dann später versöhnlicher, aber blieb bei der rot-roten Linie: „Ich werde mich mit grünen Mandataren nicht katzbalgen, wer welches Projekt durchgesetzt hat. Wir sind in einer Regierung und haben das gemeinsam umgesetzt.“ So gesehen, so Häupl, sei etwa die 365-Euro-Netzkarte natürlich auch ein rotes Projekt. Denn: Ohne Zustimmung der SPÖ, und ohne die Finanzierung durch Vizebürgermeisterin Renate Brauner, hätte es diese eben nicht gegeben. Punkt.

Ambivalenz gegenüber den Grünen

Das Verhältnis gegenüber den Grünen schillerte in den Reden in mehreren Farben. Einerseits gab es – unter Szenenapplaus – harte Kritik an Maria Vassilakous Plänen zur schrittweisen Entmachtung der Bezirke und Seitenhiebe zum Wahlrecht (Häupl: „Wir haben diesen seltsamen Notariatsakt nicht unterschrieben“). Andererseits stimmten Schicker und Häupl die Genossen bereits auf Rot-Grün Teil zwei ein. Jenen, die mit einem Koalitionswechsel zur ÖVP sympathisieren, erteilte Häupl einen Dämpfer: „Wir kennen die ÖVP in der Bundesregierung. Und ich kenne keine Forderung (in der Wiener SPÖ, Anm.), dass man unbedingt mit der ÖVP in eine Koalition gehen muss.“

Was auch auffiel: Das Kampfmotto „Absolute“ fehlte. Man sprach lieber neutral von Mandatsmehrheit und von „klaren, stabilen Verhältnissen wie in Niederösterreich“, „nur mit umgekehrten Vorzeichen“.

Die Neos kommen in Rust übrigens gar nicht, die FPÖ nur am Rande vor. Sie wurde allerdings mit deftigen Bemerkungen bedacht: Da würden ein paar Menschen herumlaufen, die in Wien alles „beschissen“ finden, so Häupl. In der FPÖ gebe es die Anordnung des „selbst ernannten Führers“, einfach alles, was die Stadtregierung mache, als Mist zu bezeichnen. „Was soll ich mit so einem Typen?“ Nebenbei nahm Häupl Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und deren Ablehnung von Bundesheer-Hubschraubern und ihre Forderung nach eigenen Hubschraubern zur Terrorbekämpfung ins Visier: „Terrorbedrohungen müssen bekämpft werden. Aber wofür die Innenministerin eigene Hubschrauber braucht, weiß ich nicht. Will sie selbst damit fliegen?“

Zusätzlich drohte Häupl der Innenministerin: „Anstelle einer Stadtwache (das forderte die Wiener ÖVP) brauchen wir vielmehr die zusätzlichen 1000 Polizisten, die im Sicherheitsvertrag mit dem Innenministerium (bis Ende 2015, Anm.) vereinbart wurden.“

Nachsatz: „Diese 1000 Polizisten sehe ich zur Stunde nicht.“ Er, Häupl, gehe davon aus, dass die Innenministerin den Sicherheitsvertrag, den Wien mit dem Ministerium geschlossen habe, halte: „Denn ich will mir nicht ausmalen, was passiert, wenn sie (die Innenministerin, Anm.) diesen Vertrag bricht.“ (stu/uw)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2015)

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