Grüne blockieren Firmendeal der SPÖ

Wenn es nach der SPÖ geht, soll der Compress-Verlag im achten Bezirk in die Wien-Holding eingegliedert werden.
Wenn es nach der SPÖ geht, soll der Compress-Verlag im achten Bezirk in die Wien-Holding eingegliedert werden.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Compress-Verlag soll in die Wien-Holding eingegliedert werden. Die Grünen verweigern die Zustimmung – sie möchten vorher wissen, was mit 40 Millionen Euro passiert ist.

Wien. Es klang nach einem guten Deal: Vor einem Jahr wurde verkündet, dass Eduard Harant seine Firma Compress Verlagsgesellschaft m. b. H. für nur einen Euro an die Wien-Holding verkauft. Die Firma betreibt für die Stadt elf kleine Wien-Auslandsbotschaften in Osteuropa, hat ein Büro in Wien und sollte mit Ende 2015 in die Wien-Holding eingegliedert werden, die zu 100 Prozent der Stadt gehört. Der 146 Millionen schwere Zehnjahresvertrag zwischen Stadt und Compress läuft nun aus.

Jetzt sind rund 80 Mitarbeiter beim AMS angemeldet, weil der Deal, wie es aussieht, nicht zustande kommt – zumindest nicht vor der Wahl am 11. Oktober. Grund dafür ist, dass die Grünen der SPÖ – nachdem sie sich in vielen umstrittenen Angelegenheiten arrangiert haben – die Zustimmung verweigern. „Wir haben die Auslandskommunikation der Stadt immer kritisiert. Die gewählte Konstruktion begünstigt Freunderlwirtschaft und versteckte Parteienfinanzierung“, sagt Gemeinderat Martin Margulies.

Laut „Presse“-Recherchen sind über die vergangenen zehn Jahre rund 40 Millionen Euro in die Kasse der Compress-Mutterfirma Raduna geflossen, die ebenfalls Harant gehört. Der 86-Jährige ist ein alter Vertrauter der SPÖ und war enger Freund von Altbürgermeister Helmut Zilk. Er regelt für die Stadt seit mehr als 30 Jahren die auswärtigen Angelegenheiten. Er gründete Compress 1988. Von 2001 bis 2005 hatte die Stadt einen Vertrag mit der Firma für die Auslandskommunikation über 21,5 Millionen Euro.

2005 wurde der Auftrag mit einem Volumen von 146 Millionen Euro ausgelobt. Den Zuschlag erhielt der einzige Bewerber: Compress. Das Budget kommt aus dem Ressort von Stadtrat Christian Oxonitsch, genauer aus der MA 53, dem Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien (PID).

Die Leistungen umfassten den Betrieb der elf Auslandsbüros mit rund 30 Mitarbeitern. Zu den Aufgaben gehört Netzwerken mit Journalisten, Lobbying für die Stadt Wien und deren wirtschaftlichen Interessen sowie die Betreuung von Delegationen. Die Mitarbeiter erstellen Presse-Spiegel, schicken also alle Artikel, in denen das Wort Wien vorkommt, an einzelne Magistrate. Dazu publizieren sie etwa auf der Compress-Seite die „City News“ – dort finden sich Meldungen über Schulrenovierungen in Bosnien oder dass ein Spital in Sofia neue Geräte hat. Insgesamt 142 Delegationen wurden 2014 betreut. Im Wiener Büro arbeiten rund 50 Menschen, diese produzieren das monatliche Magazin „Enjoy“. Herausgeberin ist Zilk-Witwe Dagmar Koller. Weiters betreuen sie mit dem PID die Website Wien-international.at.

„Was Compress derzeit macht, ist nicht mehr ganz zeitgemäß, da sich vor allem die digitale Kommunikation stark verändert hat“, sagt Marcin Kotlowski, Geschäftsführer der Wien-Holding-Medien, in die Compress eingegliedert werden soll. Künftig wolle man eine andere Ausrichtung, die weg von Medien und hin zu Wirtschaftskompetenz geht. So könne etwa mehr Lobbyingarbeit für die Stadt und deren Wirtschaft betrieben werden, man will am Wachstum Osteuropas teilhaben. Das über die Jahre aufgebaute Netzwerk wolle man jedenfalls erhalten.

Kein Einblick in die Bücher

Die Wirtschaftskammer Wien (WKW) ist von den neuen Ideen wenig begeistert: „Wir haben an den Compress-Standorten seit vielen Jahren gut vernetzte Außenwirtschaftscenter, die Unternehmen und auch die Stadt Wien bestens betreuen“, sagt Gabriele Führer, Leiterin der WKW-Außenwirtschaft. „Wir entwickeln das Konzept aber erst, wir wissen ja noch gar nicht, ob der Vertrag nun im Gemeinderat durchgeht“, sagt Kotlowski.

Es gibt für die Zukunft von Compress zwar noch kein konkretes Konzept, aber immerhin hat man schon ein Budget geplant: Künftig dürfe es nicht mehr 14,6 Millionen Euro im Jahr kosten, sondern nur mehr 9,5 Millionen Euro – also um jene vier Millionen weniger, die Harant jährlich als Gewinn verbucht hat. Was mit dem Geld passiert ist und ob man vielleicht zu großzügig budgetiert hat, das können weder der PID, noch das zuständige Ressort Oxonitsch noch Kotlowski beantworten. Man habe pauschal für eine Leistung bezahlt, es gebe keine Einsicht in die Finanzen. Diese wird man auch mit der Firmenübernahme nicht bekommen. Momentan ist nämlich vorgesehen, nur die Assets zu übernehmen – also Mitarbeiter, Miete und die dazugehörigen Verträge. „Wir tun das, um das Risiko zu minimieren. Wir wollen uns nur nehmen, was wir wirklich brauchen“, sagt Oxonitsch. „Es ist auch eine Möglichkeit zu verhindern, in die Bücher einzusehen“, sagt Margulies.

Von den Grünen wird es keine Zustimmung zum Deal geben, solange der Blick in die Bücher verwehrt bleibt. Dazu müsse sich in Zeiten knapper Budgets die Sinnhaftigkeit dieser Büros mehr als nur einigen wenigen erschließen, sagt Margulies. Während die Grünen nach dem Geld und die Roten nach einer Erklärung suchen, schauen sich die Compress-Mitarbeiter um einen neuen Job um. Egal, ob der Vertrag zwischen Compress und Wien-Holding zustande kommt – die ursprüngliche Firma wird Ende des Jahres liquidiert – da die Stadt der einzige Auftraggeber war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20. August 2015)

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