Mit dem Kinderwagen auf Einbruchstour

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Die Methoden der Einbrecher werden gefinkelter, die Tätergruppen vielfältiger: Kamera und Alarmanlage schrecken nicht mehr ab – auch Frauen und Kinder gehen auf Beutezug. Banden aus Südamerika sind in Wien neu.

Wien. Mit dem Herbst ziehen die Einbrecher ins Land. Ab Oktober haben Banden Hochsaison, die im Schutz der frühen Dämmerung auf Beutezug gehen. Besonders beliebt sind Erdgeschoßwohnungen oder Einfamilienhäuser am Stadtrand.

Vergangenes Jahr verzeichnete die Polizei von November bis März 1192 Einbrüche – das Jahr davor waren es sogar 1544. Schon vergangenes Jahr versuchte die Polizei, diesem Phänomen mit Sondereinheiten entgegenzuwirken, die in besonders gefährdeten Gebieten unterwegs waren. Insgesamt wurden 5403 Personenkontrollen durchgeführt, darunter wurden 50 „hochgradige Personen“, also einschlägig vorbestrafte Täter aufgegriffen, es gab weitere 35 Festnahmen. Auch dieses Jahr werden die Schwerpunktaktionen in vier Gebieten Wiens fortgesetzt – in welchen, wollte die Polizei Wien nicht verraten.

Neue Täter aus Südamerika

„Die Methoden der Einbrecher werden immer gefinkelter“, sagt Oberstleutnant Manfred Briegl, Leiter für Vermögensdelikte vom Landeskriminalamt Wien. Die professionellsten Einbrecherbanden kämen vom Balkan. Häuser und Straßenzüge würden über einen langen Zeitraum observiert – Gaunerzinken seien etwas, was der Vergangenheit angehöre: Heute werden potenzielle Objekte mit dem Handy fotografiert. Auch von Sicherungsmaßnahmen wie Alarmanlagen oder Kameras würden sich professionelle Einbrecher nicht mehr unbedingt abschrecken lassen – „das ist für manche ein Zeichen dafür, dass es viel zu holen gibt“, sagt Briegl. Fake-Kameras würden geübte Einbrecher sofort erkennen, auch sei bekannt, dass alte Alarmanlagen oft nur das Erdgeschoß sichern oder gar nicht mit der Polizei gekoppelt sind. Eingestiegen wird dann über Balkontüren oder Fenster. Neben Banden vom Balkan seien vor allem Moldawier, Rumänen oder Georgier im Geschäft. „Sie sind meist wenig professionell und brachialer.“ Österreicher seien unter den Tätern eher selten.

Generell verändere sich mit den Methoden auch die Täterlandschaft: „Es sind auch Frauen oder Kinder, die einbrechen – oder Pärchen, die mit einem Kinderwagen herumfahren, in dem statt eines Babys das Werkzeug liegt“, erzählt Briegl aus seiner täglichen Arbeit. Neben den Ostbanden gebe es auch neue Gruppen in Wien: Neuerdings kämen immer häufiger Banden aus Südamerika. Die Chilenen etwa gelten als Meister-Trickdiebe.

Abteilungsinspektor Josef Janisch vom Kriminalpolizeilichen Beratungsdienst appelliert an die Bevölkerung, die Schwerpunktaktion der Polizei zu unterstützen. „Wenn man verdächtige Fahrzeuge sieht, Markierungen bei Haustüren oder verdächtige Personen, die etwa Häuser fotografieren oder tagelang durch Siedlungen ziehen, bitte anrufen.“ Dazu empfiehlt er, Objekte präventiv gut zu sichern. Kostenlose Beratung gibt es im kriminalpolizeilichen Zentrum in der Andreasgasse 4 in Neubau. (ath)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2015)

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