Chrysantheme: Die fantastische Blume des Herbstes

(C) Woltron
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In ihrer Heimat, China, gilt die späteste aller Herbstblumen als eine der vier „edlen Pflanzen“. Hierzulande führt sie ein Schattendasein als Allerheiligenblume.

Föhn ist angesagt. Warmer Wind. Er wird durch die Gärten sausen und die letzten Blumen des Jahres beuteln. Zumindest dort, wo noch keine Nachtfröste späte Blüten von Dahlien, Rosen und Astern verbrannt und bis zum nächsten Jahr verabschiedet haben. Nach dem Föhn kommen die Novembernebel. Das Jahr wird alt und müde, mit den abfallenden Blättern verschwinden langsam auch die Farben aus der Natur. Alle? Nein, denn eine Blume gibt es noch, die auf diese kühle Zeit der langen Nächte gewartet hat: die Chrysantheme. Keine andere blüht später als sie – von Oktober bis in den frühen Dezember hinein, und kaum eine andere blüht farbgewaltiger und üppiger.

Die Chrysantheme ist die fantastische Blume des Herbstes und des frühen Winters. Sie verträgt ein paar Grad unter null und leuchtet in allen Farben, vom reinen Weiß über Goldgelb, in verschiedenen Bronzetönen, Rot bis Rostbraun und Purpur, Rosa, Lila, mitunter auch gestreift. Nur in Blau blüht sie nicht. Dafür gibt es sie in zahllosen Sorten. Ihre Blütenköpfe sind groß oder klein, pompon- oder anemonenartig, strahlen- oder schirmförmig. Sie ist erstaunlich vielfältig, die Blume des Herbstes, und alljährlich kommen neue Züchtungen in den Handel.

Nationalblume Nippons

Experimentierfreudige Gartenmenschen können deshalb auf so erfreulich viele Sorten zurückgreifen, weil die Asiatin bereits seit rund 2000 Jahren mit Hingabe kultiviert und gezüchtet wird. In ihrer Heimat, China, ist die Chrysantheme neben Bambus, Orchidee und Pflaume eine der vier „edlen Pflanzen“, die Glück und Wohlstand symbolisieren. Wer eine Chrysanthemenblüte schenkt, wünscht damit ein langes Leben.

Doch auch die japanische Gartenkunst hat der Schönen, die das Kühle liebt, einen besonderen Platz zugedacht. Die Chrysantheme wurde über die Jahrhunderte zur Nationalblume Nippons. Nach Europa kam die exotische Kostbarkeit erst im späten 18. Jahrhundert, und da die ersten Sorten noch nicht sonderlich winterhart waren, hatten sie ihre großen Auftritte vor allem im klimatisch milderen und ohnehin blumenversessenen Großbritannien. Erst durch das Einkreuzen einer Wildart entstanden etwas später winterfeste Sorten.

Hierzulande gilt die Prachtblume aus dem Fernen Osten vor allem als vergänglicher Allerheiligenschmuck, was schade ist, denn nicht nur im Garten, sondern auch in der Vase spielt die extrem langlebige Chrysantheme in einer eigenen Liga. Das findet auch Christine Fink von der Wiener Schnittblumen-Oase Blumenkraft, bei der es alljährlich um Allerheiligen herum die exotischsten Chrysanthemenblüten der Bundeshauptstadt zu bewundern und natürlich auch zu kaufen gibt. Bis zu zwei Wochen, sagt sie, halten die Blumen in der Vase locker durch. Je kühler sie stehen, desto länger.

Nicht alle Chrysanthemensorten überdauern, wie erwähnt, strenge Fröste, doch die neueren Züchtungen sind meist winterhart. Die Stauden benötigen einen durchlässigen, gut nährstoffversorgten Boden, der nicht staunass sein darf, insbesondere im Winter. Sonst sind die Stauden völlig anspruchslos und vergrößern sich durch Wurzelausläufer rasch zu stattlichen Horsten und können im Frühjahr durch Abstechen leicht vermehrt werden.

Meist gibt es Chrysanthemen ab Spätsommer in Töpfen im Handel, und die werden gern nach der Blüte entsorgt. Auch das ist schade, denn oft wären die Topf-Chrysanthemen winterhart. Wer sie also im Garten auspflanzen will, sollte sich an ihrer Farbpracht erfreuen, sie dann kühl überwintern und erst im Frühjahr ins Freie setzen. Sie wird auch im Topf sehr lang weiterblühen, wenn man das Substrat feucht hält und die Pflanze nicht zu warm stellt. Das Auspflanzen im Frühjahr hat folgenden Vorteil: Die Pflanzen haben genug Zeit, um gut einzuwurzeln und sich so für die frostige Zeit zu rüsten. Zurückgeschnitten wird erst im Frühjahr, um Fäulnis zu vermeiden.

Als Begleitpflanzen empfohlen seien etwa die zierlicheren unter den Herbstastern, niedrig wachsende Chinaschilf-Sorten und Lampenputzergras. Überhaupt – Gräser in allen flirrenden, später von Raureif glasierten Varianten betten die schöne Chrysantheme in einen faszinierenden Rahmen.

Lexikon

Chrysanthemum. So lautet der botanische Namen der Pflanzengattung. Wer Altgriechisch beherrscht, findet darin chrysós, „Gold“, und ánthos, „Blüte“.

Kulinarisches. Die Blüten bestimmter weißer und gelber Chrysanthemensorten verwendet man in China für die Zubereitung eines süßen Tees, die Blätter werden gegart und als Grünzeug verspeist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2015)

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