Mariahilfer Straße: Tausende unrechte Parkstrafen?

Die Bodenmarkierungen in der Mariahilfer Straße sorgten für Verwirrung.
Die Bodenmarkierungen in der Mariahilfer Straße sorgten für Verwirrung.(c) APA
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Während der Umbauphase gab es tausende Anzeigen wegen Falschparkens. Ein Urteil des Verwaltungsgerichts besagt, dass die Situation für Autofahrer zu verwirrend war.

Wien. Mittlerweile haben fast alle verstanden, dass man in der Fußgängerzone der Mariahilfer Straße nicht Auto fahren darf – und auch wo geparkt werden darf und wo nicht, ist mittlerweile recht klar.

Das war nicht immer so: Vor allem vor dem Umbau in der Probephase hagelte es Anzeigen und Strafen. Allein in den ersten vier Wochen der Umgestaltung waren es rund 1000 Anzeigen und 950 Organstrafmandate. Diese Zahl sei „hauptsächlich auf den ruhenden Verkehr zurückzuführen“, sagte damals Oberst Johann Golob von der Wiener Polizei.

Einer, der zur Kasse gebeten wurde, ist Mohamed E. Für Falschparken in der inneren Mariahilfer Straße bekam er eine Anzeige und einen Zahlschein über 98 Euro. Sein Anwalt Heinz-Dietmar Schimanko legte dagegen Berufung beim Verwaltungsgericht ein. Das Erkenntnis: Ja, rein formal habe E. zwar falsch geparkt, dennoch „ist das rechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers nur geringfügig schuldhaft, weil auch ein aufmerksamer und ordentlicher Autofahrer angesichts der Tatsache, dass ein Teil der Straße zwar durch Bodenmarkierungen für den Fußgängerverkehr gewidmet wurde, die bauliche Anpassung zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht durchgeführt war, zumindest zeitweise den Überblick über die für den betreffenden Bereich in Geltung stehenden Verordnungen und Maßnahmen verlieren konnte“, heißt es. Bedeutet im Klartext: Die Situation war so kompliziert, dass sich auch ein gewissenhafter Autofahrer nicht immer auskennen musste. Das Erkenntnis ist seit wenigen Tagen rechtskräftig.

Weiß-gelbe Verwirrung

Konkret ging es um die Bodenmarkierungen, eine gelbe und daneben eine weiße Linie. Die weiße sollte den Fahrbahnrand markieren, die gelbe das Parkverbot. Weil dieser neue Teil der Gehfläche aber baulich aussah wie Parkplätze – und bis dato auch als solche genutzt wurde –, gab es Verwirrung. Zusatzschilder, die das Verbot klarer gemacht hätten, gab es nicht. Man wollte einen Schilderwald verhindern, so die offizielle Begründung.

Es waren aber nicht nur die Bürger, die offensichtlich verwirrt waren – auch Polizisten beratschlagten damals auf der Straße, wie diese Situation nun zu bewerten sei. Dass es nicht „optimal kommuniziert sei“, gab man damals auch im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou zu.

„Ich sehe mich dadurch in meiner grundsätzlichen Kritik bestätigt, dass die Stadtverwaltung mit den gelben und weißen Bodenmarkierungen die Verkehrsteilnehmer in die Irre geführt hat“, sagt Schimanko, der schon einmal einen Prozess wegen Falschparkens auf der Mariahilfer Straße gewonnen hat.

Damals bekam er aber in erster Linie recht, weil die strittige Linien bereits verblasst waren. Das Erkenntnis wurde von der MA 46 als Einzelfall abgetan – auch dieser Fall wird von der MA 67 als Einzelfall bewertet. „Wir sind noch immer der Meinung, richtig gestraft zu haben“, sagt Ernst Wagner, Leiter der MA 67.

Zahl der Strafen verdoppelt

„Als Problem bleibt, dass tausende Verkehrsteilnehmer, gegen die der unrichtige Vorwurf des Falschparkens auf der Mariahilfer Straße erhoben wurde, sich nicht mit einer Berufung gegen die an sie ergangenen rechtswidrigen Straferkenntnisse gewehrt haben“, sagt Schimanko. „Die Grünen sollten sich jetzt daran erinnern, dass sie das Gebot der Fairness so gern betonen und freiwillig die rechtswidrig verhängten Geldstrafen an die Betroffenen zurückzahlen.“ Im Jahr 2013 nahm die Stadt in ganz Wien knapp 59 Millionen Euro Parkstrafen ein – um 27 Millionen mehr als noch im Jahr zuvor. Im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou wollte man sich zu dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes auf „Presse“-Anfrage nicht äußern.

AUF EINEN BLICK

Der Umbau. Im August 2013 wurde vorerst ohne bauliche Maßnahmen eine Probephase eingeführt – die Parkplätze wurden weitgehend abgeschafft. Diese Fläche sollte fortan den Fußgängern zur Verfügung stehen. Das neue Parkverbot wurde durch eine gelbe Linie gekennzeichnet, der Fahrbahnrand durch eine weiße. Zusatzschilder gab es keine. Die Autofahrer waren verwirrt – es hagelte tausende Anzeigen. Bereits in zwei Fällen hielt das Gericht schon fest, dass die Linien verwirrend waren. Seit dem Umbau funktioniert die Parkraumbewirtschaftung besser.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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