Wenn niemand mehr Garagenplätze braucht

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Der Planungssprecher der Wiener Grünen, Christoph Chorherr, will Garagen künftig so bauen, dass sie – wenn sie nicht mehr gebraucht werden – auch anders genutzt werden können.

Wien. Die Wiener Grünen sagen den Tiefgaragen den Kampf an. Geht es nach dem Planungssprecher, Christoph Chorherr, sollen Garagen nämlich in Zukunft nur mehr oberirdisch gebaut werden – damit sie später, wenn sie einmal nicht mehr oder weniger gebraucht werden, umgenutzt werden können.

„Selbstfahrende Autos werden kommen. Es gibt da aber einen Zwischenschritt, der nicht diskutiert wird“, sagt Chorherr bei einem Hintergrundgespräch zum Thema Verkehrspolitik. Dieser Zwischenschritt habe mit den Parkmöglichkeiten zu tun. Denn Parkplätze für selbstfahrende Autos brauchen um gut ein Drittel weniger Platz als solche, bei denen ein Fahrer auch ein- und aussteigen muss.

Außerdem geht Chorherr davon aus, dass – auch verstärkt durch selbstfahrende Autos, die über ein Carsharing-System gemeinschaftlich genutzt werden – die Zahl der (stehenden) Autos in der Stadt generell sinken wird. Dadurch werden in Folge weniger Garagen gebraucht. „Deshalb müssen sie umnutzbar sein. Sonst haben wir lauter leer stehende Katakomben.“

Solche Garagen der Zukunft müssten demnach eine größere Raumhöhe als 2,20 Meter haben, um später als Wohnungen, Kindergarten, Fitnessstudios oder Büros genützt werden zu können. Chorherr geht davon aus, dass sich die Verkehrssituation in den nächsten zehn, 15 Jahren stark verändern wird.

Lebenszeit von 80 Jahren

Die Garagen, die jetzt gebaut werden, haben aber meist eine Lebenszeit von rund 80 Jahren. Derzeit schreibt das Wiener Garagengesetz pro 100 Quadratmeter Wohnnutzfläche die Errichtung eines Stellplatzes vor. An dieser Richtlinie will Chorherr lieber nicht rütteln.

„Natürlich kann das reduziert werden, es wird auch reduziert. Das ist aber eine zwischen der SPÖ und den Grünen lang diskutierte Sache. Ich will die Diskussion lieber auf eine andere Ebene heben“, sagt er und stellt eine Rechnung auf: In den nächsten zehn Jahren werden an die 100.000 Wohnungen in Wien gebaut. „Das bedeutet 50.000 bis 100.000 Garagenstellplätze. Die muss man so planen, dass sie keine leeren Katakomben sind.“

Pilotprojekte in Aspern

Chorherr spricht von jährlichen Investitionen in der Höhe von 150 bis 200 Millionen Euro, die er bei Tiefgaragen als „Megafehlinvestitionen“ bezeichnet.

Derzeit werde das Thema Nachnutzung von Garagen bereits bei Pilotprojekten in der Seestadt Aspern, aber auch im neuen Sonnwendviertel beim Hauptbahnhof berücksichtigt. Laut Statistik Austria gab es in Wien 2014 übrigens 683.258 Autos. Eine genaue Zahl der Stellplätze in Garagen und Innenhöfen gibt es nicht, Schätzungen gehen von etwa 650.000 Stellplätzen aus.

90 Prozent der Zeit geparkt

Derzeit werden Privatautos in Wien zu 90 Prozent geparkt, gefahren werden sie also nur zu zehn Prozent. „Das verursacht Kosten und nimmt Platz weg. Langfristig wird sich die Situation radikal ändern. Der Begriff ,mein Auto‘ wird sich relativieren und die gemeinschaftliche Nutzung zunehmen“, sagt Chorherr. „Dadurch könnte sich der Fahrzeugbestand in den nächsten zehn Jahren auf die Hälfte reduzieren.“

AUF EINEN BLICK

Weniger Parkplätze.Christoph Chorherr, Planungssprecher der Wiener Grünen, geht davon aus, dass der Bedarf an Autoabstellplätzen in den kommenden Jahren aus verschiedenen Gründen zurückgehen wird. Daher fordert er, dass Garagen nur noch oberirdisch gebaut werden – damit sie später, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, für andere Zwecke genutzt werden können – beispielsweise als Kindergarten, Fitnessstudio oder Büro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.12.2015)

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