Stadtrechnungshof: Förderbetrug bei Kindergärten

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Fehlende Kontrolle ermöglichte massive Unregelmäßigkeiten bei privaten Vereinen.

Wien. Mitten in die Diskussion über islamische Kindergärten und einen mutmaßlichen Kindergarten-Förderbetrug in Wien, über den bereits in den Medien berichtet wurde, platzt ein Bericht des Wiener Stadtrechnungshofes (StRH). Darin ist die Rede von missbräuchlicher Verwendung von Subventionen, die (gepaart mit Miss- und Vetternwirtschaft) strafrechtlich relevante Ausmaße annehme – weil bei der MA 10 (Wiener Kindergärten) offenbar die Kontrolle völlig versagt hat. Demnach wurden Fördermillionen vergeben, ohne die wichtigsten Fakten zu prüfen. Bezeichnend eine Passage des Berichts, die einen Teilbereich betrifft: „Obwohl vonseiten der MA 10 . . . die Kontrolle vorgesehen war, fand der StRH keine Hinweise darauf, ob und in welcher Form diese stattgefunden hatten.“

Zur Ausgangslage: Rund 45 Millionen investierte die MA 10 von 2008 bis 2010 für die Schaffung von rund 14.000 Plätzen in privaten Kindergärten. Deshalb untersuchte der StRH stichprobenartig 20 privat geführte Kindergärten und zwei Kindergruppen, ob Subventionen ordnungsgemäß verwendet wurden. Während der StRH die großen Trägerorganisationen privater Kindergärten lobt, sieht es bei einigen kleinen Vereinen völlig anders aus:

• Täuschung. Einige Trägerorganisationen haben Gemeinnützigkeit nur vorgetäuscht, um mehr Subvention zu bekommen. Damit dafür keine hohen Gewinne aufscheinen, wurden Überschüsse laut StRH in andere Bereiche umgeleitet.


• Fantasiezahlen. Für manche Projekte wurden bei den Kosten überhöhte Fantasiezahlen angegeben (die laut StRH völlig unplausibel waren), um so illegal höhere Subventionen zu erhalten.


• Missbrauch von Geldern. Ein Kindergartenverein hatte Subventionen für die Sanierungsarbeiten von Häusern verrechnet, die Vorstandsmitgliedern gehören. Dazu fand der StRH einen Fall, in dem „erheblich mehr Kinder verrechnet wurden, als Plätze in den jeweiligen Gruppen genehmigt waren“.


• Bedingungen nicht erfüllt. Manche Kindergärten hielten die verpflichtenden Öffnungszeiten nicht ein und hatten kein entsprechend qualifiziertes Personal – kassierten aber trotzdem die volle Subvention.

Warum die betroffenen Kindergärten trotz schwerster Vorwürfe im Bericht nicht genannt werden? „Der StRH ist gesetzlich aus Datenschutzgründen verpflichtet, die Daten von Dritten in sämtlichen Berichten zu anonymisieren“, heißt es. Bei Verdacht auf strafrechtliche Handlungen werde aber die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Im Rathaus ist zu hören, dass die Recherche des StRH einer der Auslöser war, dass die Kindergarten-Betrugsserie durch ein offenbar islamistisches Netzwerk im Dezember aufgedeckt werden konnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2016)

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