Wien: Der Aufstand der Architekten

 Die Sanierung des Stadthallenbades beschäftigt mittlerweile das Gericht.
Die Sanierung des Stadthallenbades beschäftigt mittlerweile das Gericht.(c) APA/EVA KELETY
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Die Stadt Wien hat ein Problem mit den Architekten der Stadt. Sie sehen die Stadt in vielen Fällen nicht mehr als faire und kompetente Auftraggeberin.

Wien. In Wien wird viel gebaut. Die Stadt und ihre Firmen sind als Auftraggeber für Schulen, Bäder, Büros und Gebäudesanierungen eigentlich gern gesehene Auftraggeber bei Architekten und Ingenieuren. Zumindest galt das lange Zeit so. Denn mittlerweile läuft einiges schief. In einer Pressekonferenz der Wiener Architektenkammer und des Verbands der Ziviltechniker- und Ingenieurbetriebe (VZI) greifen die Standesvertreter die Stadt an.

Auch wenn man grundsätzlich die Stadt Wien als kompetente Auftraggeberin kenne, „beobachten wir mit Sorge einen Verlust der Planungs- und Auftraggeberkultur in bestimmten Fällen“, erklärt Bernhard Sommer, Vizepräsident der Wiener Kammer. Es gebe eine „systematische Verweigerung offener, fairer und transparenter Auslobungen für Architektur- und städtebauliche Wettbewerbe“, lautet ein Vorwurf. Aus diesem Grund weigere sich die Kammer mittlerweile oft, bei Ausschreibungen mit der Stadt Wien zu kooperieren.

Auch in der Zusammenarbeit gibt es Probleme: So würden Planungen beschnitten oder nicht zu Ende gedacht. Dadurch, kritisiert die Kammer, steige das Risiko für Mängel, Kosten und Terminüberschreitungen enorm. Auch werden aufgrund der Maastricht-Regeln vermehrt PPP-Modelle (Public Private Partnerships) in Auftrag gegeben. Durch das Auslagern werde aber die Kompetenz der Stadt untergraben. Gleichzeitig werde das Fachpersonal in den Magistratsabteilungen zunehmend durch Juristen ersetzt, sagt Peter Bauer, der Kammer-Präsident. In der Folge wisse niemand mehr in der Stadt, „was ein Bauherr zu tun hat“, so Sommer.

Doch anstatt Fehler (die ohnehin bei jedem Bauvorhaben vorkommen) nach dem Ende auszudiskutieren, landen die Bauprojekte zunehmend vor Gericht. „Früher hat man sich an einen Tisch gesetzt und das gelöst“, sagt Bauer. Jetzt sei sogar bei informellen Gesprächen ein Anwalt dabei. „Die Kosten in enormen Höhen trägt letzten Endes immer der Steuerzahler“, so die Standesvertreter.

Als Paradebeispiel führt die Kammer den Prozess des Wiener Stadthallenbades gegen den Generalplaner Georg Driendl an („Die Presse“ berichtete). So seien durch das irrationale Konstruieren von vermeintlichen Schadenssummen die Prozesskosten ins Unermessliche gestiegen, kritisiert die Kammer. Das Stadthallenbad hat den Generalplaner auf 13,3 Mio. Euro geklagt. Im April finden drei Verhandlungstage statt, die aufgrund der eingeklagten Schadenshöhe um die 600.000 Euro kosten werden. Das sei fast so viel wie das Honorar, das die Stadt Wien dem Generalplaner schulde, argumentiert Driendls Anwältin, Petra Rindler.

Kein Honorar, kein Vertrag

Doch auch im Glaspalast (Rathausstraße 1) gibt es Probleme. Eineinhalb Jahre mussten dort die ausgewählten Architekten ohne Honorar arbeiten. In der Zeit entstanden Vorentwurf, Entwurf und Einreichungsplan. Denn der alte Glück-Bau soll einem Neubau weichen. Die Wien Holding (zu der auch das Stadthallenbad gehört) hat – entgegen vieler Ankündigungen – den Abriss nicht gestartet. Das Projekt ist in der Warteschleife, auch ein Vertrag mit den Architekten wurde noch nicht unterzeichnet. Bis jetzt. Anfang der Woche gab es „eine 180-Grad-Wende. Die Honorare sollen jetzt bezahlt werden, auch einen Vertrag soll es geben“, sagt Anwalt Hannes Pflaum.

Pflaum ist es auch, der ein Kompetenzzentrum für Bauangelegenheiten in der Stadt Wien vorschlägt. Es soll die Funktion des Bauherrn übernehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2016)

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