Ulli Sima: "Diese Kritik steht nicht zu"

Ulli Sima will trotz Rechnungshofkritik die Zahl der E-Busse in Wien erhöhen: „Das ist eine politische Entscheidung.“
Ulli Sima will trotz Rechnungshofkritik die Zahl der E-Busse in Wien erhöhen: „Das ist eine politische Entscheidung.“(c) Voithofer Valerie
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Infrastruktur-Stadträtin Sima kritisiert den Rechnungshof in der Causa Wiener Linien: Ihm stehe es nicht zu, politische Entscheidungen zu kritisieren. Bei Grenzzäunen ist Sima skeptisch.

Die Presse: Es ist nicht Ihre Kompetenz, aber was halten Sie von den neuen Grenzzäunen samt Tagesquoten?

Ulli Sima: Ob das die richtige Antwort ist, sei dahingestellt. Wir brauchen eine europäische Einigung – wir werden das nicht allein lösen können.

Eine europäische Lösung ist aber gescheitert.

Das ist noch nicht fix. Wenn sie uns aber nicht gelingt, ist jedem klar, dass es nicht unendlich so weitergehen kann.

Wien soll dann keine Flüchtlinge mehr aufnehmen?

Man muss nun jene Gemeinden in die Pflicht nehmen, die noch keinen Flüchtling aufgenommen haben. Allein wird Wien das nicht lösen können.

Zu Ihrem Ressort: Ein aktueller Rechnungshofbericht wirft den Wiener Linien Ineffizienz und Steuergeldverschwendung vor. Gibt es Konsequenzen?

Ich habe ein Problem, wenn der Rechnungshof politische Entscheidungen hinterfragt. Es steht ihm nicht zu, das zu kritisieren. Und der Kauf der E-Busse war eine bewusste politische Entscheidung – wissend, dass E-Busse teurer sind als Dieselbusse. Aber wir wollen die Busflotte ökologisieren.

Das hat den Rechnungshof aber nicht überzeugt.

Die politische Entscheidung war gut. Natürlich wäre es für uns erfreulich, wenn diese Busse in den Bereich einer Wirtschaftlichkeit kommen, wovon wir derzeit weit entfernt sind. Aber wir wollen umweltfreundliche Mobilität in Wien, weshalb ich hoffe, dass wir die Zahl der E-Busse in Zukunft erhöhen können – wenn die Preise sinken.

Wann werden in Wien mehr E-Busse fahren?

Es wird bald die nächste Ausschreibung vorbereitet. Dann werden wir sehen, was der Markt preismäßig hergibt. Bisher hatten wir kleinere Busse, nun werden wir sehen, ob wir künftig auch große E-Busse einsetzen können.

Gibt es ein Ziel – eine E-Bus-Quote für die Wiener Linien?

Nein, weil sich auf diesem Gebiet technisch alles sehr schnell ändert. Hier muss man flexibel sein.

Laut Rechnungshof verbrennen die Wiener Linien viel Geld. Die Kosten pro Sitzplatz und Kilometer sind in vier Jahren um durchschnittlich zehn Prozent gestiegen, während die Kosten bei den Privaten im Auftrag der Wiener Linien sogar gesunken sind.

Wir haben bessere Kollektivverträge. Wir stehen dazu, unseren Leuten ein ordentliches Entgelt zu bezahlen, und wir beschäftigen auch viele ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

In einem (der vom Rechnungshof untersuchen mehreren Jahre) waren die Wiener Linien sogar um 43,5 Prozent teurer unterwegs als die privaten Kollegen im Auftrag der Wiener Linien.

Im Schnitt sind es etwa zehn Prozent. Faktum ist, dass wir eine viel größere Infrastruktur zu erhalten haben. Wir haben drei große Busgaragen, Reparaturwerkstätten und bedienen einen deutlich größeren Teil des Netzes.

Dann müssten die Wiener Linien wegen Synergieeffekten aber billiger sein als die Privaten.

Mein Ziel sind weitere Effizienzsteigerungen. Faktum ist aber, dass wir als Arbeitgeber andere Voraussetzungen haben als andere. Wir haben einen besseren Kollektivvertrag, weil wir ja auch besseres Personal haben wollen.

Nachdem jährlich Hunderte Millionen Euro an Steuergeld in die Wiener Linien fließen, könnte man von Privilegien der städtischen Mitarbeiter sprechen.

Es gibt keine Privilegien, sondern soziale Verantwortung und Top-Leistung für unsere Stadt.

Wie sieht es mit dem weiteren U-Bahn-Ausbau aus – mit einer U6-Verlängerung nach Stammersdorf, weil das Spital Nord an keine U-Bahn angeschlossen ist?

Das ist derzeit nicht geplant. Wir sind bei der U2/U5 in der Planungs- und Umsetzungsphase. Danach wird es Verhandlungen mit dem Bund über einen weiteren U-Bahn-Ausbau geben.

Wien wächst stärker als erwartet, ab 2017 werden um 30 Prozent mehr Wohnungen gebaut. Spitzt sich der Konflikt „Wohnraum gegen Grünraum“ zu?

Wir hatten schon in der Vergangenheit Diskussionen. Beim jüngsten Stadtentwicklungsplan haben wir darauf gepocht und durchgesetzt, dass 50 Prozent der Stadtfläche Grünraum bleiben müssen.

Grünraum vor Wohnraum?

Ich habe großes Verständnis dafür, dass wir Wohnraum brauchen. Aber Wohnraum ohne Grünraum produziert sehr unzufriedene Menschen. Die Bewohner wollen aus der Wohnung rausgehen und brauchen Erholungsgebiete.


Vor der Wahl wurden Gebührenerhöhungen für Müll und Abwasser ausgesetzt. Wann gibt es die nächste Erhöhung?

Derzeit ist nichts geplant. Der Stichtag für diese Entscheidungen ist immer Mitte des Jahres.

Laut Koalitionsvertrag sollen auch alternative Wärmeversorgungen in Wien geprüft werden. Was bedeutet das ?

Wärmepumpen und Abwärme, eventuell auch Geothermie.

In Aspern wurden bei Bohrungen aber keine Geothermievorkommen gefunden.

Leider, aber das Projekt wurde noch nicht aufgegeben. Man muss das noch mal untersuchen.

Räumungsklage gegen den Cobenzl-Pächter, Räumungsklage gegen den Copa-Cagrana-Pächter, während Bagger auffahren: Greift die Stadt bei jahrelangen Problemfällen nun hart durch?

Das mache ich seit vielen Jahren. Räumungsklagen sind meine Spezialität (lacht).

ZUR PERSON

Ulli Sima (48) ist seit 2004 Umweltstadträtin. Mit der Neuauflage der rot-grünen Koalition in Wien 2015 bekam sie zu ihren Umweltagenden auch die Wiener Stadtwerke übertragen, die zu den 25 größten Unternehmen in Österreich zählen. Damit führt die ehemalige Umweltaktivistin ein Infrastruktur-Ressort, in dem die Verantwortung für die Daseinsvorsorge in Wien gebündelt ist (Wasserversorgung, Abwasser- und Müllentsorgung, Wiener Linien, Wien Energie, Wiener Netze etc.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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