Die Liebe der FPÖ zum Vizebürgermeister

FP�-VORSTANDSSITZUNG: GUDENUS
FP�-VORSTANDSSITZUNG: GUDENUS(c) APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Johann Gudenus vermarktet seinen Titel als „nicht amtsführender“ Vizebürgermeister äußerst aktiv. Immerhin hat die FPÖ nun eine neue Plattform, auf der Gudenus auch für ein Ministeramt üben kann.

Wien. Es ist ein deutliches Signal, wie die FPÖ ihre am 11. Oktober bei der Wien-Wahl 2015 neu gewonnene Macht nutzen wird – nämlich sehr intensiv: In knapp einem Monat, am 12. April, startet Johann Gudenus erstmals eine Tour durch die Dienststellen der Stadt Wien. Dort wird er dann als „Herr Vizebürgermeister“ angesprochen und entsprechend auftreten.

Zwar ist er nicht amtsführender Vizebürgermeister, besitzt also weder Ressort noch Verantwortung, doch gibt dieser Titel den Freiheitlichen eine neue Plattform, sich staatstragend präsentieren zu können – auch in Hinblick auf die Nationalratswahl 2018. Und nebenbei auch noch mit einem prestigeträchtigen Titel in roten Bastionen zu wildern.

„Er möchte in seiner Funktion als Vizebürgermeister der Stadt die Dienststellen persönlich kennenlernen, um sich einen Überblick über die Situation vor Ort zu machen“, wird im Büro von Gudenus die Tour durch den Magistrat offiziell begründet. Als erste Station stehen Magistratische Bezirksämter und Betriebsanlagenzentren auf dem Programm. Danach geht die Reise durch (tiefrote) Abteilungen wie die Wiener Berufsfeuerwehr, die MA 48 (Müllabfuhr, Straßenreinigung): „Er sieht sich als Ombudsmann der Mitarbeiter der Stadt“, wird in seinem Büro zum Zweck der Tour ergänzt.

Rechtlich ist diese Besuchstour durch den Magistrat als (nicht amtsführender) Vizebürgermeister der Stadt möglich, da er nicht als Vertretung des Bürgermeister auftritt (was ihm rechtlich verboten ist) und Besuche mit Abteilungen abgesprochen sind.

Jedenfalls ist es auf den ersten Blick etwas überraschend, dass Straches Statthalter in Wien den machtlosen Proporzposten als nicht amtsführender Vizebürgermeister so aktiv anlegt. Immerhin besitzt und besaß die FPÖ seit langen Jahren nicht amtsführende Stadträte, deren Namen öffentlich völlig unbekannt sind bzw. waren – beispielsweise Veronika Matiasek, Eduard Schock, Johann Herzog. Das lag daran, dass die FPÖ diese gut bezahlten, aber machtlosen Posten (8583 Euro monatlich) gern an alte, verdiente Funktionäre als letzten Job vor dem politischen Rückzug vergeben hatte bzw. als Anerkennung für Verdienste besonders aktiver Funktionäre (z. B. wegen eines erfolgreichen Wahlkampfes), die aber in anderen Funktionen (z. B. Verkehrssprecher) auftraten.

Anders formuliert: Die durchaus prestigeträchtige Plattform als Mitglied der Stadtregierung (nicht amtsführender Stadtrat) hatte die FPÖ bisher nicht genutzt, mit Gudenus hat sich das geändert. Und das hat seinen Grund.

Der Titel Vizebürgermeister, wenn auch „nicht amtsführend“ davorsteht, hat einen Klang, den die FPÖ nun entsprechend vermarkten will. „Vizebürgermeister ist eben etwas anderes als Stadtrat“, ist in der FPÖ dazu zu hören. Für Gudenus ist es jedenfalls der ideale Posten für einen weiteren Karriereschritt. Er gilt als enger Vertrauter von Strache, der ihn in der Vergangenheit bereits als „ministrabel“ bezeichnet hatte. Und nach der Nationalratswahl 2018 könnte die Stunde des sehr karrierebewussten Wieners schlagen.

Immerhin ist die zerstrittene rot-schwarze Bundesregierung drauf und dran, sich selbst zu demontieren – wobei nicht absehbar ist, dass sich das bis 2018 ändert. Dazu kommen die Folgen des Flüchtlingsansturms, deren gesamter Umfang sich erst in den nächsten Jahren zeigen wird (Wohnen, Schulsystem etc.). Anders formuliert: Das Amt als (nicht amtsführender) Vizebürgermeister ist für Gudenus geradezu prädestiniert, aktiv für einen Ministerjob in einer Koalition zu üben.

Erster Auftritt von Blau-Schwarz

Übrigens: Am Donnerstag gibt den ersten gemeinsamen Auftritt von Blau-Schwarz in Wien unter dem neuen Wiener ÖVP-Chef Gernot Blümel. Als nicht amtsführender ÖVP-Stadtrat und nicht amtsführender Vizebürgermeister treten Blümel und Gudenus gemeinsam vor die Medien. Titel der blau-schwarzen Pressekonferenz: „Bauordnung – rot-grüner Anschlag auf den Rechtsstaat.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.