Mit der Gastgartensaison beginnen wieder die Diskussionen zum Ganzjahresbetrieb. Stadträtin Brauner will den Streit jetzt endgültig beenden, ein Gesetzesentwurf wird erarbeitet.
Wien. Mit den warmen Temperaturen, die der Föhn dieser Tage mit sich brachte, ist die Wiener Schanigartensaison in vollem Gange. Die offizielle Eröffnung durch die Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien (WKW) fand gestern, Freitag, im Bermudabräu in der Inneren Stadt statt. Der traditionelle Startschuss mit Bürgermeister Michael Häupl und Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck kam dieses Jahr aus terminlichen Gründen nicht zustande.
Mit dem Frühling steht der Schanigarten auch wieder auf der politischen To-do-Liste – die zuständige Stadträtin, Renate Brauner (SPÖ), hatte angekündigt, den Bezirken und der Wirtschaftskammer im Frühjahr 2016 Vorschläge zur Neuregelung zu unterbreiten. Derzeit arbeite man noch daran, sei aber bereits in der Endphase, heißt es auf Nachfrage aus Brauners Ressort.
Wintergastgärten
Der Streit um die Schanigärten hat viele Facetten – die hitzigste Debatte dreht sich aktuell aber um die ganzjährige Öffnung. Derzeit dauert die Saison von 1. März bis 30. November. Dazwischen ist nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz eine Pause verordnet – Ausnahmen bestätigen die Regel und finden sich etwa auf dem Marktgebiet.
Die grüne Vizebürgermeisterin, Maria Vassilakou, sprach sich bereits 2014 für eine ganzjährige Öffnung für alle aus – an ihrer Seite kämpft auch die Wirtschaftskammer dafür. Allen voran machte der Landtmann-Cafétier Berndt Querfeld in der Vergangenheit dafür Stimmung. Im Dezember vergangenen Jahres befragte die Wirtschaftskammer alle Unternehmer (nicht nur die Gastronomen), ob sie sich eine ganzjährige Öffnung wünschen. Das Ergebnis liegt vor: 80 Prozent sprechen sich dafür aus.
Auf der Gegnerseite finden sich durchaus auch Personen aus den Reihen der Befürworter: So sprach sich etwa Vassilakous Parteikollege Thomas Blimlinger, Bezirksvorsteher von Neubau, deutlich dagegen aus. „Ich halte das für eine Schnapsidee, neun Monate sind ausreichend. Außerdem tut es dem öffentlichen Raum ganz gut, wenn drei Monate eine Ruh' ist.“
Auch die schwarz gefärbte Wirtschaftskammer hat Kritiker innerhalb der ÖVP: So will etwa der neue Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl, eine zeitliche Ausdehnung verhindern. Der erste Bezirk hätte bereits ein Viertel aller Wiener Schanigärten zu verkraften – im Winter kämen dann noch die Punschhütten dazu. Man wolle den Bewohnern der Inneren Stadt im Winter eine Pause gönnen. Auch Behindertenverbände, die weitere Barrieren auf den Gehsteigen fürchten, sowie Schneeräumdienste stehen dem Ganzjahresbetrieb skeptisch gegenüber.
Strittig ist auch, wie die ganzjährige Öffnung umgesetzt werden könnte: Ob man Tische und Stühle etwa nur bei schönem Wetter hinausstellen dürfe, ab wann das Wetter als „schön“ eingestuft werden soll und wie viele Tische dann erlaubt sein sollen.
Gastgärten in der Parkspur
Neben der ganzjährigen Öffnung machen vor allem jene Schanigärten Probleme, die auf Parkplätzen errichtet werden. Ob und wie lang diese betrieben werden dürfen, wird derzeit von den Bezirken entschieden – und sehr unterschiedlich gehandhabt. Die Modelle reichen von einer Erlaubnis für die ganze Saison bis zu einer Einschränkung auf die Sommermonate Juli und August.
Gastronomen fühlen sich deswegen ungerecht behandelt und sehen den Gleichheitssatz verletzt. Immer wieder werden Bescheide deswegen vor Gericht beeinsprucht. Während nun von den einen eine einheitlichere Lösung für Wien gefordert wird, wünschen sich manche Bezirke dagegen noch mehr Autonomie. All diese Begehrlichkeiten unter einen Hut zu bringen, gelingt seit Jahren nicht. Wenn es nach dem Ressort von Stadträtin Renate Brauner geht, soll diese Saison aber die letzte mit derartigen Problemen sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2016)