Die „grüne Hölle“ von Hütteldorf

Viel Grün: Der Rasen wurde bereits verlegt, das Dach des neuen Fußballstadions schimmert in der Leitfarbe des Klubs.
Viel Grün: Der Rasen wurde bereits verlegt, das Dach des neuen Fußballstadions schimmert in der Leitfarbe des Klubs.(c) SK Rapid
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Der SK Rapid Wien nimmt im Juli seine neue Heimstätte in Betrieb. Eine „Presse“-Begehung zeigt: Die Tribünen sind steil, das Spielfeld nah – das ergibt einen „Hexenkessel“-Effekt.

Wien. Herr Pfaffhausen lobt Herrn Maierhofer: „Der war echt gut, ein Publikumsliebling.“ Diese Zufriedenheit darf man als gutes Zeichen werten. Dazu muss man wissen: Guido Pfaffhausen ist Architekt. Er hat in Wien Hütteldorf die neue Heimstätte für die Grün-Weißen, den Traditionsklub SK Rapid, gebaut – das Allianz-Stadion, vulgo Weststadion. Pfaffhausen ist zudem Fußballfan. Sein Herzensverein: der MSV Duisburg. Und ebendort spielte 2010/2011 der Ex-Rapidler Stefan Maierhofer.

Wie gesagt: Rapid-Anhänger dürfen diese Vorgeschichte als gutes Zeichen werten (obgleich Maierhofer wegen seiner Einsätze beim Rivalen Red Bull Salzburg bei einigen in Ungnade gefallen ist). Aber zurück zum neuen Stadion, das am 9. Juli erstmals Vereinsmitglieder zu einem Legenden-Match lädt, ehe am 16. Juli das Eröffnungsfest stattfindet. Höhepunkt: ein Spiel gegen den (ab dem Tag in Österreich trainierenden) englischen Großklub Chelsea FC.

Stadion gehört dem Verein

Was kann das neue Stadion? Es bietet Platz für 28.300 Besucher. Damit kann es freilich nicht mit jenen Arenen mithalten, die man etwa bei der EM in Frankreich sieht. Aber das muss es auch nicht. Rapids Zuschauerschnitt (der höchste der Liga) liegt bei knapp 17.000 Personen. Die Ausstattung der Spielstätte (vierte und höchste Uefa-Kategorie) berechtigt zur Austragung aller internationalen Spiele. Bei Letzteren sind aber nur Sitzplätze erlaubt. Das sind dann 24.300. Die 28.300 Plätze ergeben sich durch die Verwandlung der Südtribüne in eine Stehplatz-Zone. So passen mehr Leute hinein.

Architekt Pfaffhausen (Büros in Zwickau und Duisburg) hatte sich als Spezialist für die Errichtung von Sportstätten gemeinsam mit dem Baukonzern Strabag um den Auftrag beworben. Die österreichische Architektenkammer hatte Kritik an der „intransparenten Vergabe“ geübt. Im „Presse“-Gespräch zieht es Pfaffhausen vor, nach vorn zu blicken. Er habe sich bei den Tribünen, die „so eng und steil wie möglich“ errichtet seien, bemüht, eine „grüne Hölle“, einen „Hexenkessel“, herzustellen. Eindrucksvoll würden vor allem die Spiele, die bei Flutlicht ausgetragen werden. Denn dann wird die Stadion-Außenhülle in vier verschiedenen Grüntönen leuchten. In Anspielung an die Leitfarbe des Vereins kann sich Pfaffhausen dieses Wortspiel nicht verkneifen: „Alles im grünen Bereich!“

Sieht man sich bei der Begehung im Stadion um, fällt tatsächlich die erwähnte Steilheit der Tribünen als Erstes auf. Dadurch wird der Abstand zum Spielfeld gering gehalten. Dies wirkt umso krasser, als das Ausweichquartier des Vereins, das Happel-Stadion im Prater (Grundsteinlegung 1928!), den Zusehern einiges abverlangt hat: Durch die zwischen Rasen und Rängen liegenden Leichtathletik-Bahnen sitzt man dort einfach (zu) weit von den Fußballspielen weg.

Das nun im Eigentum des Vereins stehende Stadion (der Grund gehört der Stadt Wien) – Bauzeit zwei Jahre, Kosten 53 Millionen Euro – bietet nun sowohl dem teils fanatischen Anhang als auch der Businessclass etwas. Der berüchtigte Block West wird weiter so heißen, obgleich das Stadion um 90 Grad gedreht wurde und „die West“ nun den Süden okkupiert. Um durchgängige, quasi ununterbrochene Fan-Choreografien zu ermöglichen, wurde hier auf Zugänge inmitten der Tribüne verzichtet.

Wirtschaftsfaktor VIP

Das VIP-Konzept soll lukrativ sein. Die westliche Breitseite des Stadions, dort, wo eine charakteristische Röhre außen an das Gebäude angebaut wurde, wird zum VIP-Bereich. Fassungsvermögen: 2500 Personen. 41 Logen und zwölf „Edel-Logen“, sogenannte Sky-Boxes, wurden errichtet.

Hat sich der österreichische Rekordmeister (Rapid gibt es seit 1899) ganz der Moderne verschrieben? Nein. Ein Stück Tradition bleibt (be)stehen: Einer der Lichtmasten des alten Hanappi-Stadions wurde nicht abgerissen. Er steht nun einsam neben dem neuen Oval, erinnert an alte Zeiten und dient als Handyfunkmast.

LEXIKON

Allianz-Stadion. Das im 14. Bezirk, Gerhard-Hanappi-Platz 1, errichtete Allianz-Stadion wird am 16. Juli offiziell eröffnet. Öffentlich erreichbar ist der Bau angesichts der bis September dauernden U4-Sanierung etwa ab der U3-Station Hütteldorfer Straße und von dort mit der Straßenbahnlinie 49, oder ab Westbahnhof (U3, U6) und dann mit dem 52-er. Auch werden an Spieltagen Sonder-S-Bahnen geführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2016)

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