Ponykarussell: "Anfeindungen sind unangenehm geworden"

Archivbild: Seit 1887 gibt es das Karussell neben dem Schweizerhaus
Archivbild: Seit 1887 gibt es das Karussell neben dem SchweizerhausClemens Fabry / Die Presse
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Mit Ende dieser Saison hört das umstrittene „Erste Wiener Ponny-Caroussel“ auf. Die älteste Attraktion im Wiener Prater soll ohne Pferde weitergeführt werden. Wie, ist aber offen.

Wien. 129 Jahre lang, seit 1887, sind hier die Pferde im Kreis gegangen: Zu den Klängen der alten Drehorgel haben sie Familien in Kutschen im Kreis gezogen, Kinder sind auf ihren Rücken gesessen. Damit ist es nach Ende dieser Saison vorbei: Das 1. Wiener Ponny-Caroussel stellt spätestens mit Ende dieses Jahres den Betrieb ein.

Lang schon stand das Ponykarussell in der Kritik, immer wieder forderten Tierschützer – allen voran Vier Pfoten – sein Ende. Auch viele Besucher des Praters, denen die Pferde, die zu lauter Orgelmusik immerzu im Kreis (und stets in dieselbe Richtung, ein Wechsel ist nicht möglich) gehen müssen, leid tun, haben sich kritisch geäußert.

Nun, nach monatelangen Verhandlungen mit Vier Pfoten, hat die Familie Reinprecht, die das Karussell in fünfter Generation führt, eingelenkt: Das Karussell stellt den Betrieb ein, „es war nicht mehr lukrativ, wir mussten viel Geld hineinstecken“, sagt Isabel Groschopf, Prokuristin des Betreiberunternehmens zur „Presse“. „Die Anfeindungen und Beschimpfungen sind unangenehm geworden, sodass wir uns entschlossen haben aufzuhören. Das Karussell ist in dieser Form nicht mehr zeitgemäß.“

Einige der Tiere werden mit Ende dieser Saison – der genaue Zeitpunkt der Schließung ist noch offen – in den Ruhestand geschickt: 17 Pferde sind abwechselnd im Karussell im Einsatz, ein Teil davon wird, sagt Groschopf, auf Weiden in Niederösterreich und Tirol untergebracht, die dem Unternehmen gehören. Andere werden auf der Reitbahn im Prater, die neben dem Karussell liegt und ebenfalls von der Familie Reinprecht geführt wird, weiter im Einsatz sein: Hier werden Prater-Besucher – meist Kinder – auf den Pferden auf der Wiese im Kreis geführt. Für etwa zehn Pferde, schätzt Reinprecht, müsse aber ein Platz gesucht werden. Die Tierschutzstiftung Vier Pfoten, die sich naturgemäß erfreut über das Ende des Ponykarussells zeigt, hat Unterstützung bei der Suche nach der Unterbringung der Pferde zugesagt.

Ideen gesucht

Das historische Karussell soll, so der Wunsch der Betreiber, aber erhalten bleiben. Auch die Prater Wien Gmbh möchte diese kleine Institution, die „ein Stück authentischer Geschichte des Wurstelpraters darstellt, möglicherweise in eine neue Zukunft führen“, wie es Geschäftsführer Michael Prohaska sagt. Wie das genau gelingen soll, ist aber noch unklar. „Wir sind gerade erst am Anfang der Ideenfindung“, sagt Groschopf, „und für alles offen.“ Denkbar wäre etwa eine Weiterführung des Karussells ohne Pferde. Wie und ob das technisch machbar sein könnte, steht aber noch nicht fest. Offen ist auch, ob das Unternehmen Reinprecht das Karussell selbst weiterführt oder es verkauft. Denn: Einen möglicherweise kostspieligen Umbau kann sich das Unternehmen vermutlich nicht leisten.

Erfreut über das baldige Ende des Ponykarussells in seiner derzeitigen Form äußerte sich auch der Verein gegen Tierfabriken. Auch wenn die Betreiber immer alle Auflagen erfüllt haben, „ist eine solche Tiernutzung nicht mehr zeitgemäß. Für die betroffenen Tiere ist der Betrieb im Karussell mit furchtbaren Einschränkungen und schmerzhaften Belastungen verbunden“, heißt es in einer Aussendung. Die Wiener-Tierschutz-Obfrau Eva Persy findet es „schön, dass im Prater ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, an dem die Ponys nicht mehr beteiligt sind“. Auch die für Tierschutz zuständige Stadträtin, Ulli Sima (SPÖ), äußert sich positiv zur Entscheidung des Betreibers.

Strengere Regeln für Fiaker

Erst vor Kurzem hat Sima die gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz von Fiakerpferden verschärft: Künftig haben die insgesamt 365 Fiakerpferde in Wien hitzefrei, wenn auf dem Stephansplatz 35 Grad oder mehr gemessen werden. Weiters dürfen die Tiere nur noch jeden zweiten Tag zum Einsatz kommen. Auch die Betriebszeit wurde um eine Stunde reduziert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 8. Juli 2016)

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