Kammer will streikende Ärzte entschädigen

Die Presse
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Die Stadt will jenen Ärzten, die am 12. September gestreikt haben, die Streikdauer vom Gehalt abziehen.Die Ärztekammer will den Medizinern diesen Betrag nun ersetzen. Ob die Stadt das zulässt, ist allerdings offen.

"Wir würden das übernehmen.“ Es ist ein Satz mit weitreichenden Folgen, den Thomas Szekeres gegenüber der „Presse“ ausspricht. Der Präsident der Wiener Ärztekammer will jene Ärzte finanziell entschädigen, die am Ärztestreik am 12. September teilnahmen. Konkret jene Mediziner, denen die Stadt die mehrstündige Streikdauer nun vom Gehalt abziehen will – entsprechende Listen wurden bereits an die Dienststellen gesandt, um die betroffenen Ärzte ausfindig zu machen (diese Schreiben liegen der „Presse“ vor).

"Zwischen 50.000 und 100.000 Euro"

Dazu meint Szekeres: Es könne nicht sein, dass ein Streik, bei dem sich Mediziner für die Interessen der Patienten einsetzen, finanzielle Nachteile habe – selbst wenn es für den Arbeitgeber rechtlich möglich sei, die Streikstunden vom Gehalt abzuziehen. „Deshalb möchten wir diesen Betrag freiwillig übernehmen und der Stadt überweisen. Dabei geht es um einen Betrag zwischen 50.000 und 100.000 Euro.“ Betroffen von den Gehaltsrückforderungen durch die Stadt sind zwischen 400 und 500 Ärzte, schätzt Szekeres. Zwar gingen etwa 2000 Mediziner am 12. September auf die Straße, „aber viele Kollegen haben dafür Urlaub oder Zeitausgleich genommen“.

Hintergrund: Normalerweise übernimmt die Gewerkschaft die Kosten eines Streiks. Allerdings hatte sich im konkreten Fall die Gewerkschaft gegen die Ärzte gestellt und einen Streikbeschluss abgelehnt. Die Ärzte gingen auf die Straße – auch im Wissen, dass es finanzielle Folgen haben kann. Diese Folgen wollen nun die Ärztevertreter auffangen.

Derzeit verhandelt die Ärztekammer mit dem Dienstgeber der betroffenen Ärzte, dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Konkret geht es um die Frage, wohin das Geld überwiesen wird bzw. wie es rechtlich zu regeln ist. Seitens des KAV heißt es dazu: Über diese Causa werde gerade verhandelt. Dabei habe aber die MA 2 (Personal) ein entscheidendes Wort mitzureden. Konkret geht es um eine rechtliche Frage, nämlich ob eine andere Institution als der Arbeitgeber eine Dienstzeit bezahlen darf.

Szekeres appelliert an die Stadt, sie möge der Kammer doch erlauben, die Ärzte zu entschädigen – zum beiderseitigen Vorteil: „Es wäre für die Stadt sonst ein enormer bürokratischer Aufwand, der mehr kostet, als durch die Gehaltsabzüge hineinkommt.“

Hohe Bürokratie bei Gehaltsabzug

Worauf der Ärztekammer-Präsident anspielt: Die Stadt müsste die nicht gearbeiteten Stunden während des Streiks individuell ermitteln. Anhand des Gehaltsschemas des jeweiligen Arztes müsste das in einen individuellen Geldbetrag umgerechnet werden. Dieser müsste dann dem jeweiligen Mediziner vom Gehalt abgezogen werden. Falls das Angebot der Ärztekammer akzeptiert werde, könne man sich dagegen unbürokratisch auf einen Betrag einigen, so Szekeres.

Wie die Entscheidung ausfällt, ist derzeit völlig offen. Dem Vernehmen nach hat die mächtige rote Gewerkschaft wenig Freude damit, dass die Ärztekammer de facto die Rolle der Gewerkschaft übernimmt. Im Rathaus wird kolportiert, die Gewerkschaft würde sogar versuchen, die Stadt zu überzeugen, den Vorschlag der Ärztekammer abzulehnen – nachdem sich die Gewerkschaft gegen den Ärztestreik ausgesprochen hat. Damit konfrontiert heißt es bei Younion (der früheren Gewerkschaft der Gemeindebediensteten): „Das ist eine Sache zwischen den beiden Gremien“, das müssten sich also Ärztekammer und Stadt ausmachen – hier mische man sich nicht ein. Nachsatz: „Außerdem wurde zu dieser Causa Stillschweigen vereinbart. Zumindest wir halten uns daran.“

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